Hortensien

War heiß der Sommer, standen sie verblichen
wie alte Kittelschürzenblüten da,
im Vorgarten wie Wächter, die nicht wichen
und trotzten mutig jeglicher Gefahr.

Mit grünen, festen Blätterhänden
empfingen sie das grelle Sonnenlicht
und trieben aus nach Regen Blütenstände
in zartem Blau und Rosa, ein Gedicht.

Hortensienbüsche, meiner Kindheit Freude,
ihr blühtet noch im grauen Trümmerland,
wo ihr nicht wurdet jenes Krieges Beute.
Als Teil der heilen Welt ich euch dort fand.

Ein Lichtblick in der düstren Nachkriegszeit.
Auch heute noch steht blühend ihr bereit.

Ingrid Herta Drewing

Muttertag

Dir, liebe Mutter, wollen wir heut’ danken
für deine Liebe, Hilfe und Geduld.
Du hast uns stets gestützt, wenn wir im Wanken,
sprachst nie von Dankbarkeit und unsrer Schuld.

Zwar braucht ’s zum Danken nicht den Muttertag,
wir sind uns ja im ganzen Jahr sehr nah,
und dennoch freut es uns, ganz ohne Frag’,
dass der besondre Tag für dich ist da.

Weilst du doch nun in deiner Kinder Kreise,
die alle hier um dich versammelt sind.
Erwachsen sind wir, doch auf liebe Weise
erinnern wir uns an die Zeit als Kind.

Wir pflückten Gänseblümchen auf der Wiese,
und überreichten dir den kleinen Strauß,
die selbst gemalten Bilder; An Elise
ward auch für dich geübt, heimlich im Haus.

Jetzt sind ’s die Enkel schon, die Blümchen bringen,
die freudig präsentieren dir ihr Bild
und zart ein liebes Liedchen für dich singen.
Du nimmst sie in den Arm und lächelst mild.

Wir, die wir selbst jetzt Mütter, wissen heute
um Freud und Leid, hautnah um Kinderglück.
Du hast es uns gelehrt, denn deine Freude,
sie strahlt wohl auch durch uns nun hell zurück.

Ingrid Herta Drewing

Maienlied

Das Maiengrün, der Zauber erster Liebe,
in einem Frühlingswald so lind erwacht,
als ob hier Elfen ihre Lieder schrieben,
mit Liebe, Anmut, Zärtlichkeit bedacht.

Auch Sommers Glut, des Herbstes Flammenfarben,
sie malen sich in der Erinn’rung Bild.
Die Träume, die in Winters Stille starben,
sie wachen auf in jedem Frühling, mild.

Sie wirken hier in wundervollen Kreisen,
und sanft erfüllen darf sie die Natur.
Wir folgen dieser Schöpfung, die so weise
auch unsrem Leben schenkt die lichte Spur.

Und hegen dieses Glück mit allen Sinnen;
im Spiel der Zeit ein stetes neu’ Beginnen.

Ingrid Herta Drewing

Verunsichert (Erinnerung an den Gau von 1986)

Der Himmel leuchtet blau,
spielt harmlos „heile Welt“,
als gäb’ es keinen Gau,
kein Leben, das nun fällt.

Die Seele fühlt nicht so,
denn düstere Gedanken
verhindern, dass sie froh
nun Sonnenlicht mag tanken.

Zu trügerisch erscheint
des Frühlings Farbkulisse,
obwohl er heut’ verteilt
den Duft, der Blüten Küsse.

Ach könnte, unbekümmert,
man wieder Schönes schauen!
Jedoch noch liegt zertrümmert
der heil’ge Schein, Vertrauen.

Ingrid Herta Drewing

Alte Liebe

Des Meeres Weite, weiß der Strand,
darüber blauer Himmel thront,
und wir gemeinsam, Hand in Hand
von diesem schönen Tag belohnt.

Unwirklich, eine Welt zum Träumen,
die lieblich uns willkommen hieß.
Wir gingen unter Palmenbäumen
und fühlten uns im Paradies.

Du schaust auf ’s Foto an der Wand,
erinnerst dich an jene Jahre;
und zärtlich streichelt deine Hand
mir über meine grauen Haare.

Wir sehen in der Phantasie
noch jeden Ort der Hochzeitsreise,
und die vertraute Melodie
der Liebe singt auf ihre Weise.

Ingrid Herta Drewing

Weihnachtsbaum

Der alte Christbaumschmuck aus Kindertagen
erweckt mir zärtlich die Erinnerung,
beglückt mich, will mir flüsternd sagen,
wie traulich doch die Zeit war, als ich jung.

Die Vögelchen, die Vater stolz erstanden
in einer Zeit, da Flitter Luxus war;
wie freuten wir uns da, als wir sie fanden,
hoch auf den Zweigen sitzend, lebensnah!

Und jene Glöckchen, deren zartes Läuten
im Weihnachtszimmer vor Bescherung klang,
sie konnten heimlich leise uns bedeuten,
das dort das Christkind mit den Engeln sang.

Vom Weihnachtsbaum verzaubert, mit Entzücken,
den singend wir andächtig angeschaut,
wie waren wir in unsrem Kinderglücke,
mit einer wunderbaren Welt vertraut!

Ingrid Herta Drewing