Sommermorgen VI

Es schimmert zwischen Farnen, zart betaut,
ein Spinnennetz im Glanz der Sonnenstrahlen.
Die Wassertröpfchen, kunstvoll eingebaut,
wie Diamanten ihre Farben malen.

Hier, wo des Morgennebels kühler Hauch
in sanftem Licht den Sommertag begonnen,
erschaue ich entzückt, andächtig auch,
das Schöne, das Natur so fein gesponnen.

Und in des Waldes grüner Kathedrale,
wo Sonne ihre hellen Wege findet,
in Licht gewirkten Bahnen luftig malend,
in Büschen, Gräsern, Farnen zärtlich schwindet.

Dort in der Stille fühl’ ich mich geborgen,
erfreue mich an diesem Sommermorgen.

© Ingrid Herta Drewing

Wunsch

Wie diese Taube hoch auf der Antenne
im Sonnenlicht des Morgens sich genügt,
so möchte ich von Lärm und Hast mich trennen
und bleiben doch ins Leben eingefügt.

Ja, es bewusst im Wesen auch erfassen,
bevor mein Tag den Abend kommen sieht,
und seine Schönheit auf mich wirken lassen,
das Feuer fühlen, das in allem glüht.

In diesem grünen Land der Wälder, Wiesen,
der Städte, die an Parks und Gärten reich,
wo klare Flüsse hin zum Meere fließen,
Libellen , Silberreiher noch am Teich.

Hier darf ich, bar des Grauens der Natur,
erleben ihre schöne Seite nur.

© Ingrid Herta Drewing

Frühlingsanfang

Der Frühling trägt sein grünes Kleid
im Park, in Gärten, Auen
und auch der Himmel, glänzend weit,
lässt hell die Sterne schauen.

Die Buschwindröschen, lieblich, zart,
ein Teppich, weiß im Walde,
und der Narzissen Glockenart
glänzt freundlich, gelb auf Halden.

Schon streckt auch der Magnolienbaum
die Knospen prall zur Sonne,
und der Forsythien goldner Traum
bereitet leuchtend Wonne.

Noch fehlt der Luft der weiche Schmelz,
ein kühler Wind will scherzen.
Jedoch befreit von Winters Pelz,
erstrahlt das Land im Märzen,
singt mit des Frühlings Terzen.

Ingrid Herta Drewing

Auf dem Waldweg

Am Wegesrand, gestapelt, liegen Bäume,
im Sturm zerbrochen unter nasser Last,
im Schnee verloren, grüne Träume,
nach denen Frühling, Sommer nicht mehr fasst.

So hoffnungsvoll im Sommerwind gewiegt,
noch jüngst den goldnen Herbst gegrüßt verwegen,
des Lebens bar, im Winter nun besiegt,
ist ihrer Schönheit Kraft dem Tod erlegen.

Sind dies auch Katastrophen der Natur,
die nur im Kleinen wirken, unbeachtet,
so zeigt mir machtvoll der Zerstörung Spur,
wie schnell der kalte Tod das Leben nachtet.

Da tröstet mich auch die Vermutung kaum,
dass dieses Holz verschönt den Wohnungsraum.

Ingrid Herta Drewing