Ringeltaube

Geschäftig sind die Amseln, Finken, Schwalben;
sie fliegen, schwirren hier in schnellem Flug,
nur eine Ringeltaube allenthalben
thront hoch dort auf dem Dach, ist sich genug.

Wie einst Diogenes stört sie sich nicht
an dem Gewusel, das die andern treiben,
genießt der Sonne warmes Morgenlicht
und mag, gemütlich ruhend, sitzen bleiben.

Nur ab und zu ein Gurren, guttural,
schickt sie als Botschaft rhythmisch aus.
Die Antwort folgt von fern, von Mal zu Mal.
Es grüßt die Taube auf der Nachbarn Haus.

Wie Wächter wirken sie, man mag vertrauen,
dass sie besonnen nach Gefahren schauen.

© Foto u. Text:Ingrid Herta Drewing

Ataraxia

Gelassenheit magst du es nennen,
dein Blick zurück,
der goldene Stunden sieht
und verklärt hier im Abendschein.

Gezähmt auch jenes Aufbegehren,
hast resigniert,
zu oft die Wunden geleckt,
im Bann der Sisyphus-Bilder.

Das Leid, verblasst,
getrocknete Apfelringe,
von Schokolade umhüllt
im Glas der Erinnerungen.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Am Brunnen

Am Brunnen
saßen zwei Löwen,
die hielten die Tatzen
versonnen
ins Wasser hinein.

Und neben ihnen
drei Spatzen
bespritzten einander hinwieder
und plusterten ihr Gefieder
und tranken
vom Wasser wie Wein.

Die Löwen,
stoisch in Mienen,
nahmen davon nicht Notiz,
sie dachten an höheres Sein
und harrten,
sonnenbeschienen,
in grauem
Marmorgestein.

© Ingrid Herta Drewing

Friedenssehnsucht

Im Nebelgrau liegt noch der Tag,
und Regen rinnt hernieder.
Die Taube nicht nach Sonne fragt,
sitzt auf dem Dach ganz unverzagt
und putzt sich ihr Gefieder.

Ich wünschte, dass ich so gelassen
des Lebens Leid ertrüge,
mich nicht mit Sorgen müsst‘ befassen,
nicht nähme wahr das üble Hassen,
den Wahn der Zeit, die Kriege.

Ich fühl mich machtlos wie die Taube,
kann nicht dem Regen wehren.
Doch lassen mich Vernunft und Glaube
die Welt, frei vom Fanatik-Raube,
in Frieden hier begehren.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Morgen-Stimmung

Der Ringeltaube monotones Rufen
verkündet weithin nun den neuen Tag.
Die Arbeitstiere scharren mit den Hufen,
und Licht ergießt sich über Flur und Hag.

Bald rattern, knattern in der Stadt Motoren,
wo emsig nimmt das Leben seinen Lauf.
Die Händler öffnen Stände auf den Foren,
und Kunden finden sich dort ein zum Kauf.

Die Kinder lernen brav schon in der Schule,
ein Morgenlied wird fröhlich angestimmt.
Auf dem Balkon der Rentner sitzt im Stuhle,
genießt beschaulich, wie der Tag sich trimmt.

Ein heller Sommertag kehrt nun hier ein,
erweckt den Anschein, friedlich sei das Sein.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Wunsch

Den Morgengruß der Sonne
froh erwidern,
im Einklang mit den Liedern,
die die Vögel singen,
bevor sie,
sanft entfalten ihr Gefieder,
auf leichten Schwingen
in die Lüfte dringen.

So wie die Möwe
auf der Welle schwebt,
um gleich darauf
in Höhen aufzusteigen,
so möchte ich,
wenn sich die Tage neigen,
dem Licht entgegensehen,
das im Geiste lebt.

© Ingrid Herta Drewing, 2008

Neujahrswunsch

Wie diese Taube, nah der Dach – Antenne,
im Sonnenlicht des Morgens sich genügt,
so möchte ich von Lärm und Hast mich trennen
und bleiben doch ins Leben eingefügt.

Ja, es bewusst im Wesen auch erfassen,
bevor mein Tag den Abend kommen sieht,
und seine Wunder auf mich wirken lassen,
das Feuer fühlen, das in allem glüht.

In diesem grünen Land der Wälder, Wiesen,
der Städte, die an Parks und Gärten reich,
wo klare Flüsse hin zum Meere fließen,
Libellen, Silberreiher-Spiel am Teich.

Hier möcht‘ ich, bar des Grauens der Natur,
erleben ihrer Schönheit sanfte Spur.

© Ingrid Herta Drewing

Gelassenheit

Mein Oleander mag wohl diese Hitze;
er treibt nun ständig neue Knospen aus,
und während ich im Schatten tüchtig schwitze,
blüht er hier üppig, duftend vor dem Haus.

So hat dies‘ Wetter für mich doch noch Gutes,
wenn es mir nächtens schwül den Schlaf auch raubt.
Die zarten Blüten seh‘ ich frohen Mutes,
des Lebens Lächeln, das an Schönheit glaubt.

Wie bald schon werden hier die kühlen Nächte
und Nebeltage ihren Vorhang ziehen,
der Wunsch, dass Sonne Licht und Wärme brächte,
in unsren Wetterträumen neu erglühen.

Darum bleibt auch gelassen jetzt mein Sinn,
seh‘ helle, heiße Tage als Gewinn.

© Ingrid Herta Drewing

Tagesbeginn

Es stimmt die Amsel an ihr Sonnenlied;
ein heller Sommermorgen ist erwacht,
und hoch in Himmels Blau im Tanze zieht
der Mauersegler Schar, dort schwebend sacht.

Das warme Sonnengold erreicht die Dächer.
Allmählich fließt’s herab, weckt Hausfassaden,
wo weit geöffnet Fenster sich auffächern,
um kühle Morgenfrische einzuladen.

Vom Licht gelockt, sitz‘ ich auf der Terrasse,
erlebe froh dies‘ stimmungsvolle Tagen,
genieße meinen Frühstückstee gelassen,
bevor ich mich befass‘ mit ernsten Fragen.

Und nehm‘ es in mich auf, dies‘ Sommerbild,
das mich beglückt, mit neuer Kraft erfüllt.

© Ingrid Herta Drewing, 2013

Morgenandacht

Eintauchen
in Stille
noch vor Tagesbeginn.
Der Seele Raum geben,
Lichtatem.

Erwacht
im Sonnenschein,
die Welt begrüßen
mit Freude, in Güte;
Hoffnungslächeln.

© Ingrid Herta Drewing,2013