Archive for Februar 2011

 
 

Umsturz

Macht, auf Ohnmacht gebaut,
Schwäche, der Stärke misstraut,
Freude, im Keime erstickt,
Terror, Rechte verrückt.

Leid, zu lange ertragen,
Tränen, versiegt im Klagen,
Wut bahnt sich den Weg,
findet Brücke und Steg.

Fäuste, geballt im Zorn,
Menschen, stürmend nach vorn,
gemeinsam demonstrierend,
sich solidarisierend.

Und Hoffnung wächst im Raum,
wird er nun wahr, der Traum
vom besseren Leben
und freien Streben ?

Ingrid Herta Drewing

Zaubernuss

Schon reckt die Zaubernuss die Blütenköpfchen,
noch Schnee bestäubt, ins klare Himmelsblau,
für die Insekten goldne Nektartöpfchen,
für unser Auge Frühlings-Hoffnungs-Schau.

Nun naht sie bald, die Zeit der milden Lüfte,
die uns beflügelt, bringt erneut in Schwung,
wenn Vogelsang und süße Blütendüfte
uns zeigen, dass das Leben ist noch jung.

Dann mag man nicht zu Hause nur verweilen,
so lieblich lockt der Frühling uns ins Freie,
die sanfte Schönheit der Natur zu teilen
und uns an diesem Neubeginn zu freuen.

Jedoch einstweilen schenkt die Zaubernuss
uns diesen ersten, zarten Frühlingskuss.

Ingrid Herta Drewing

Abschied

Es griff die Nacht dir in dein goldnes Haar,
kein Silbermond ließ glänzend es erstrahlen,
und dein Gesicht so blass, wie ich ’s nie sah,
der Schmerz sich traurig in den Blicken malend.

Auch ich stand stumm, mir zitterte die Hand,
die ich dir reichte; meine Lippen bebten,
als sie dein Kuss noch einmal zärtlich fand,
und unser Atemhauch in Kälte schwebte.

Wir wussten nicht, ob wir uns wieder sehen,
gestohlen ward uns unsre beste Zeit.
Dann rief man dich, du musstest sehr schnell gehen,
und wir erahnten, dieser Weg führt weit.

Noch heute sehe ich im Traum oft dein Gesicht
und deinen Abschiedsblick, ein fernes Licht.

Ingrid Herta Drewing

Gefallen

Dezembermond schien fahl durch dürre Zweige,
die weißen Nebel stiegen auf am See.
Ein kalter Wintertag ging nun zur Neige,
und müde stapften sie durch tiefen Schnee.

So fern der blaue Himmel, Heimat, Sonne,
seit Jahren schon im Krieg, im fremden Land.
Kein Abenteuer war es, Leid, zerronnen
der Jugend schöne Tage, hier verbannt.

Sie wurden nicht gefragt, es ward befohlen,
verbrämt mit Worten, Vaterland und Pflicht.
Sie von der Schulbank einfach wegzuholen,
das, wahrlich, störte die Kriegstreiber nicht.

Und oftmals flossen heimlich nachts die Tränen,
obwohl ein“ Junge tapfer ist, nicht weint“.
Die Todesangst, das Heimweh und das Sehnen
verschloss man wie den Schmerz, hat’s nicht gezeigt.

Seit Wochen schon auf Nachschub wartend, Brot,
das Mündungsfeuer nah, des Feindes Licht,
der auch nur kannte Krieg und Blut, den Tod.
Warum nur liebt der Mensch den Menschen nicht?

Er sah den fahlen Mond, die dürren Zweige,
die Todesschleier ruhend auf dem See.
Sein Leben ging in dieser Nacht zur Neige,
ganz plötzlich lag, erschossen, er im Schnee.

Ingrid Herta Drewing

Vorfrühling

Es trägt der Morgen Silberflügel,
schwingt hell sich aus den Grüften,
und Wolkenpferde, ungezügelt,
im frischen Winde, wie beflügelt,
nun tanzen in den Lüften.

Der Sonne Strahlen, goldne Speere,
sie dringen in des Winters Flaus.
Da schmilzt der Schnee, das Eis am Wehre,
die Wasser fließen hin zum Meere,
und Kälte flieht ins Nordpolhaus.

Von Süden wehen milde Brisen,
und hier im Tal ergrünt die Welt.
Die Krokusgrüppchen auf den Wiesen
in warmem Lichte leuchtend sprießen.
Vorfrühling hat sich eingestellt.

Ingrid Herta Drewing

Valentins Grüße

Hab’ Dank, mein lieber Valentin,
für deine Blumengrüße!
Ich sehe lieblich sie erblühen
in ihrer sanften Süße.

Jedoch, vielleicht ist ’s nur ein Traum,
ein zartes Frühlingssehnen,
da Winter noch bestimmt den Raum,
sich leicht zurückzulehnen,
zu atmen milder Blüten Duft,
von Veilchen und Mimosen ,
erfüllt von Liebe, weicher Luft,
von Vogelsang und Kosen?

Im Schnee, da schimmern Blütensterne,
Christrosen, klar und hell,
Schneeglöckchen sind zur Stell’,
verkünden, Frühling sei nicht ferne.

Ingrid Herta Drewing

Resurrexit

Ein Engel, golden, schwebt am Kapitell
und hält ein Marmorspruchband in die Höhe,
drauf steht geschrieben „resurrexit“ ,hell;
der Herr ist auferstanden, ich verstehe.

Der Botschaft gilt nicht nur des Engels Freude,
mich, dies betrachtend, rührt der Glaube an,
obwohl ich doch in dem modernen Heute
die Engel kaum noch sehen, finden kann.

Und dennoch glaub’ ich an dies’ Auferstehen.
Ein „stirb und werde“ lehrte mich die Zeit,
so darf ich auch, von Gott geleitet, gehen
in Christi Liebe eine Ewigkeit.

Und kann an Ostern mit den Engeln singen;
dies’ „ resurrexit“ wird mir Hoffnung bringen.

Ingrid Herta Drewing

Kryptisch

Willst du dichten?
Sei höchst kryptisch,
sehr geheimnisvoll!
Lass nur nicht zu schnell erahnen,
was das Bild in seinem Rahmen
wohl bedeuten soll!

Rätselhaft, heißt die Devise,
Bilder gilt es zu verschränken,
denn man soll an Tiefe denken,
auch wenn sie nicht ist.

Stell dir vor ’ne große Wiese,
Blumen sollen dort nicht sprießen,
alles grau in grau.
Und die Nebelfrau
streift vorbei,
trägt auf dem Arm
einen großen Bienenschwarm,
summend allerlei.
Doch im Haar, sie hat ja Charme,
glänzt ein Blümlein, blau.

Was, das scheint dir nicht geraten?
Dir missfallen solche Taten,
weil du es liebst klar?
Ja, mein Lieber, dann, ich schwör,
wird dein Dichten zum Malheur.

Ingrid Herta Drewing

Grüße aus Kalau

Im Winter wird die Biberratte
in Eis und Schnee zur Bibberratte,
und mancher liebe Göttergatte
mutiert zum Öfchen auf der Matte.

***
Er hielt sich stolz für klug.
Sie fand, das sei nur Trug.
Drum konnten sich die beiden
nicht leiden.

***
Was raubt mir den Schlaf?
Beim hundertsten Schaf
Bin ich immer noch wach.
Ach!

***
August war mit Klara
wüst in der Sahara.
Warum er denn dort war?
Der Reim verlangt ’s, na klar!

Ingrid Herta Drewing

Verblendung

Wir leben so, als sei die ganze Erde
für uns alleine da, für uns gemacht,
als ob Ressourcen könnten sich vermehren
wie Schafe, zahlreich und in großen Herden.
Wir beuten alles aus, oft unbedacht.

Und nichts als Abfall lassen wir zurück,
verklappen Altöl rasch auf hoher See,
den Plastikmüll in Massen, Stück für Stück
im Meer versenkt, Elektrokram gezückt,
und Weltraumschrott umkreist uns in der Höh’.

Wir kommen schnell von einem Ort zum andern
und schicken Waren ständig auf die Reise.
Doch während wir so just-in-time salbandern
und sorglos rasend durch Regionen wandern,
zerstören wir das Erdenklima leise.

Vernichten so, was währte Jahrmillionen,
der Pflanzen, Tiere, Menschen Lebensraum,
als hätten wir ’ne zweite Welt zum Wohnen
und brauchten diese Erde nicht zu schonen.

Wann endet endlich dieses Wahnsinns Traum?

Ingrid Herta Drewing