Archive for Mai 2012

 
 

Vormittag im Frühling

Ein sanfter Vormittag, Blauregendüfte
umschmeicheln mich; ich sitz’ auf dem Balkon,
genieße hier die milden Maienlüfte
und auch der Amsel süßen Flötenton.

Zurückgekehrt, am Himmel Schwalben schweben,
als sei gegeben alle Zeit der Welt,
die sie, anmutig gleitend, leicht erleben
in ihrem lichten, blauen, klaren Feld.

Und in der Efeuwand Grünfinken hüpfen,
die sich hier in dem Grün zu Hause fühlen,
zu Neste tragen; bald wird Nachwuchs schlüpfen
und flügge in dem Blättergarten spielen.

Beglückt empfinde ich den Frühlingsmorgen,
fühl‘ mich in meiner kleinen Welt geborgen.

© Ingrid Herta Drewing

Leben

Wie Wellen rinnen

in großen Kreisen,

schon im Beginnen

in Fernen weisen,

so auch unser Leben

wächst und sich weitet,

gütig begleitet,

im Nehmen und Geben,

im Hoffen und Streben,

im Können und Üben,

im Sehnen und Lieben,

zum Ufer sich wendend,

ausklingend

endet.

© Ingrid Herta Drewing

Mondgedicht

Es träumt der Hund, es schnurrt die Katz.
Schon seit drei Stunden schläft mein Schatz.
Nur ich lieg wach; wie kann das sein?

Liegt es vielleicht am Mondenschein,
der dort am Himmel voll und rund
zur Erde blickt so manche Stund’?

Jedoch ich hab’ ’nen dunklen Platz
und zähle Schafe; Satz für Satz
seh’ ich sie über Zäune hüpfen.

Nun werd’ ich in die Puschen schlüpfen,
lass mich vom Mondgesicht belichten,
und dabei munter Unsinn dichten.

© Ingrid Herta Drewing

Mittagsidylle

Der Mittag breitet still die sanften Flügel
weit über Dorf und Tal und Feldern aus.
Die Sonne gleißend strahlt hoch überm Hügel,
und wohlig schnurrt die Katze vor dem Haus.

Sie ruht dort auf der Bank im Sonnenschein
und träumt vom Mäusefang, der ihr so liegt.
Die Ringeltaube, auf dem Dach allein,
gurrt tief, damit ihr Partner zu ihr fliegt.

Und unterm Kirschbaum spielt Marie-Luise,
wiegt zärtlich in den Traum ihr Puppenkind.
Dann hält auch sie ein Schläfchen auf der Wiese.
Im Blütenbaum singt leis’ der Frühlingswind.

Der Maler, angetan von der Idylle,
mischt seine Farben, rückt zurecht die Brille.

© Ingrid Herta Drewing

Das Segelschiff

Dort, wo am Horizont sich sanft vereinen
das Blau des Himmels und das Grün der See,
erglänzt im Strahlenspiel der Sonne Scheinen
ein großes Schiff mit Segeln weiß wie Schnee.

Als steige es herauf aus fernen Träumen,
erscheint es wie aus einer andern Welt
und gleitet leicht dahin, die Wogen schäumen
kurz auf am Bug, wenn es durchs Wasser schnellt.

Geschrei der Möwen, die es eskortieren,
hebt es ins klare Bild der Wirklichkeit.
Der Lotse wird es kundig nun bugsieren
vorbei am Riff in Hafens Sicherheit.

Da wird es abgetakelt kurz nur liegen,
um bald bei Flut weit übers Meer zu fliegen.

© Ingrid Herta Drewing

Mailaunen

Es mimt der Mai hier launig den April,
lässt wechseln Graupel, Regen, Sonnenlicht.
Mal lacht des Himmels Blau, dann ist dort dicht
die Wolkenmeute, die nicht ruhen will.

Schon neigen sich die zarten Blumenköpfe;
die Hagelkörner prasseln gar zu wild.
In Nestern zittern zierliche Geschöpfe,
denn in den Büschen, Bäumen tobt der Wind.

Mir fehlt der milde Mai, der sonst so wonnig
beglückt’ mit süßen Düften, Blüten, zart,
wenn seine hellen Tage, warm und sonnig
uns froh gestimmt auf Frühlings sanfte Art.

Ach, Mai, leg ab die Maske! Wir erwarten
dein lieblich’ Bild schon sehnsuchtsvoll im Garten.

© Ingrid Herta Drewing

Der Genitiv

Wie einstmals tief Dornröschen schlief,
so tat dies’ auch der Genitiv
im Hort der deutschen Sprache;
da täglich man den Dativ rief,
auch wenn er lag grammatisch schief,
im Textfeld herrschte Brache.

Veraltet sei er, sehr gespreizt,
man so mit dem Realen geiz’,
war manchmal gar zu hören.
Jedoch, wer dichtet, kennt den Reiz,
vom Ostseestrand bis hin zur Schweiz
lässt man sich gern betören.

Ich mag ihn gern, den zweiten Fall.
Er gibt den Versen seinen Drall
und fügt sich ein ins Klingen.
Als Attribut macht er sich gut
und stimuliert der Worte Flut.
Der Genitiv darf singen.

© Ingrid Herta Drewing

Mai-Abend in Münsters Rieselfeldern

Rotgolden sinkt die Sonne nun,
schenkt Abendglanz dem See.
Die Enten, Gänse, Schwäne ruhn
im Zauber aus der Höh’.

Die Küken kuscheln sich im Nest;
in sichrer Hut der Schwingen
der Mutter schlafen sie bald fest,
was auch die Nacht mag bringen.

Sogar die Möwen still nun sind,
die sonst laut eifernd schreien.
Im Schilf sirrt sanft der Abendwind,
wiegt Vogelkinder zart und lind,
die träumend hier gedeihen.

© Ingrid Herta Drewing

Muttertag

M utter, hast mit Liebe, Güte
U ns verstanden; mit Geduld
T age, Nächte, uns behütet,
T rugst uns niemals nach die Schuld.
E hren woll’n wir dich, gedenken,
R osen bringen, bei dir sein,
T reu dir unsre Liebe schenken,
A llerliebstes Muttilein,
G lück ist es, dein Kind zu sein.

© Ingrid Herta Drewing

Muttertagsblumen

Der Flieder und die Tulpen hier im Park,
die sind gewiss am Morgen dezimiert.
So manches Bürschchen, das im Klettern stark,
dringt ein, pflückt sich den Strauß für Muttertag
weil ihn die leere Börse hat schockiert.

Die Mutter freut sich alle Jahre wieder,
glaubt, dass ihr Sprössling sich was angespart,
ihr dankt in seiner liebevollen Art,
und wundert sich, dass er so höflich, bieder
ohne Papier den Strauß ihr schenkt, apart.

So meint der Sohn dann auch, zur Promenade
sei heut’ der Park wohl nicht der rechte Ort;
da trieben zu viel Jogger ihren Sport.
Viel schöner sei ’s doch an des Sees Gestade,
und überzeugend lockt er Mutter fort.

Drum, Mütter, schätzt die Blumen auf Papier,
das kleine, bunte, selbst gemalte Bild,
auch wenn’s im Farbenspiel schier überquillt!
Das ist noch wahre Kindesliebe hier,
die mit Geduld und Herz dies’ Blatt gefüllt.

© Ingrid Herta Drewing