Mai-Gewitter

Der dunkle Wolkenrand wächst in die Weite,
und bald schon ist des Himmels Blau bedeckt.
Der Sonne Strahlen, nun ermattet, gleiten,
bis sie sich ganz im Wolkenmeer versteckt.

Es heult der Sturm und kündet an mit Brausen,
dass hier gleich ein Gewitter toben wird.
Die Vögel stieben schnell in ihr Zuhause,
bevor der Äste Peitschen sie verwirrt.

Da plötzlich zucken Blitze, zackig gleißend,
und wütend, krachend, laut der Donner rollt,
als wollten sie die Erde schier zerreißen,
ein feuriges Inferno, das wild grollt.

Doch du als Mensch trotzt den Naturgewalten,
siehst, wohl geborgen, wie sie Kraft entfalten.

© Ingrid Herta Drewing

Weißt du, wie viel…

Ein altes Lied aus Kindertagen
irrlichtert mir noch im Gemüt
und lässt auch heut’ naiv mich fragen,
wie wir beim Flor der Sterne wagen
zu sagen, wie die Welt erblüht’.

Unkundig leben wir im Wissen
und Glauben, dass im großen All
ein Gott uns liebt, der Mensch, sein Fall,
so einzigartig mit Gewissen,
erweckt ward nach dem ersten Knall.

Werd‘ schwindlig, denk‘ ich an Milliarden
der Sterne und der Galaxien,
an jene Kräfte, Energien,
die leuchtend dort im dunklen Garten
des Nicht-Nichts ihre Bahnen ziehen.

Doch weiß ich mich als Menschenkind
in meinem Glauben aufgehoben,
als Wesen, das im Gotteslobe
sich ortet, menschlich wieder find’t,
ein Funke, liebend, hier verwoben.

© Ingrid Herta Drewing

Weihnachtserinnerungen

Die Weihnachtszeit lädt ein zum Träumen.
Sie ruft zurück manch liebes Bild
aus unsrer Kindheit, wundermild :
die Kerzen, Duft von Tannenbäumen,
was traulich in des Hauses Räumen
die Zeit geheimnisvoll erfüllt‘.

Uns schienen lang die kurzen Tage,
bis endlich Heiligabend da,
wenn wir, versammelt und uns nah’,
so froh gestimmt und bar der Klage,
ausruhend von des Alltags Plage,
gefühlt, wie schön die Weihnacht war.

Wir sangen innig alte Weisen,
die allen waren lieb vertraut.
Erst dann ward hoffend nachgeschaut,
was uns beschert, und Freude, leise,
verwandelt’ sich in Jubel laut:
Ein Püppchen! Sieh, ein Zug auf Gleisen!

Wir Kinder, ganz vertieft ins Spielen,
nun waren frei von Nachkriegssorgen,
die Großfamilie ließ uns fühlen,
dass wir in ihrem Schoß geborgen.

© Ingrid Herta Drewing

Teestunde

Nasskalter  Herbsttag
dümpelt im Nebel dahin,
Krähenruf erstirbt.

Milchgraue Dichte
wabert um das kleine Haus,
löscht alle Farben.

Aber im Stövchen
glüht leuchtend warm das Teelicht,
schenkt Geborgenheit.

© Ingrid Herta Drewing

Christkind

In der Krippe liegt das Kind
dort bei Esel, Schaf und Rind ?
Nein, das darf ’s nicht geben,
will es bergen, heben.

Kindlein, komm auf meinen Arm,
sanft will ich dich wiegen,
sollst, geborgen, ruhen warm,
mir am Herzen liegen.

Will dich schützen vor der Kält’
hier in meiner Kammer,
dass dir nicht der Frost der Welt
bringe Böses, Jammer.

Ja, nun schläfst du selig, zart,
lächelst lieb im Traume.
Christkindlein, durch dich uns ward
Licht in dunklem Raume.

Ingrid Herta Drewing

Novemberblues

Nun singen Nebel den Novemberblues
und liegen bleiern auf der kleinen Stadt.
Die Bäume stehen feucht in Blätterschuhen,
und im Geäste krächzen Krähen matt.

So eingestimmt für alle Trauertage
bleibt gern, wer kann, früh morgens nun zu Haus,
entzieht sich so der Landschaft stummer Klage,
zu kosten diese Stunden für sich aus.

Das Teelicht leuchtet hell und warm im Stövchen,
und Feuer lodert wohlig im Kamin,
denn wärmt auch nur das allerkleinste Öfchen,
kann man der grauen Nebelwelt entflieh’n.

Fühlt sich geborgen, wohl in den vier Wänden
und weiß, die trübe Zeit durch Licht zu wenden.

Ingrid Herta Drewing