Archive for the Category Tod

 
 

Unausweichlich

Schnell gleitet mit der Zeit auch unser Leben,
unmerklich tickt im Herzschlag unsre Uhr.
Wir wissen nicht, wie lang es uns wird geben,
wann die Vergangenheit löscht unsre Spur.

Im Jugendalter schaust du in die Ferne,
der Gegenwart und Zukunft gilt dein Blick;
es blinken übermütig Hoffnungs-Sterne.
Im Alter greift Erinnerung zurück.

Du weißt, dass bald der große Abschied naht.
Es bleibt nichts mehr dem Zufall überlassen.
Als Mensch ist dir bewusst, da hilft kein Rat.
Dort an der Grenze musst du dich verlassen.

Erspürst wohl tief, das Leben ist so schön;
doch unerbittlich heißt es: Du musst geh’n!

© Ingrid Herta Drewing

Tod

Jäh bricht der Tod ein in des Menschen Leben,
das eben noch verheißungsvoll erblüht’,
und Dunkel legt sich lähmend auf das Streben,
die Frage nach dem Sinn wird neu bemüht.

Der Schmerz der Überlebenden, die Klage
um den geliebten Menschen, der gestorben,
sie zeigt uns nun zu deutlich, dass wir vage
dies Dasein nur verstehen, kaum erworben.

Wenn kalt die Hand des Todes nach uns fasst,
wird uns bewusst, wie wertvoll dieses Leben,
einmalig uns als ein Geschenk gegeben,
und nicht, wie oft empfunden, eine Last.

Drum meidet doch den Streit um Nichtigkeiten,
beginnt einander liebend zu begleiten!

© Ingrid Herta Drewing

Schwindliges Leben

Aus Licht geboren, Dinge, zarte Wesen
in eine Welt aus Traum und Sternenstaub.
Ein Gaukler mixt den Tag am Lebenstresen,
verhüllt den Tod in Herbstes Feuerlaub.

Lässt Nebel seine dichten Schleier ziehen;
der Klang erstirbt im Dickicht grauer Stille.
Die Sommerträume, die nach Süden fliehen,
sie suchen einen Wunsch, der sich erfülle.

Ihr Lied vom Paradies, das ohne Not
ein Ort ist, wo in glücklichem Erleben
der Mensch sich darf mit Schönem eng verweben,
weit fern von dem Gewesen und dem Tod.

Jedoch der Realist, er weiß, das Sein,
das Leben schließt das Sterben schon mit ein.

© Ingrid Herta Drewing

Die Sicherheit

Fritz Schnurz war einer von den Leuten,
die sehr auf Sicherheit bedacht,
sich nicht auf Reisen ’mal erfreuten.
Er hat sich nichts daraus gemacht.

Sehr gern blieb er zu Haus’ im Garten.
Da sei er sicher, sagte er.
Mit Flugzeugen zum Himmel starten,
mit Schiffen kreuzen auf dem Meer,
mit Auto, Bus und Bahn zu fahren,
kam nicht in Frage, dies‘ Malheur,
das lehnt’ er kategorisch ab.
Man höre ja so viel seit Jahren
von Unfall, Tod dort, nicht zu knapp.
Wer gebe ihm da Schutz, Gewähr?

Jedoch das Leben, das uns wichtig,
zeigt uns, man macht nie alles richtig.
Und eines Samstags um Halbzehn
sah man Fritz Schnurz im Garten steh’n.
Er schnitt dort liebevoll die Rosen,
ließ sich von ihrem Duft liebkosen;
da traf ihn plötzlich, sapperlot,
ein schweres Teil aus Weltraumschrott!
Es fiel ihm hart auf seinen Kopf,
zusammenbrach der arme Tropf.
Herr Schnurz, der nun in großer Not,
fiel in die Rosen und war tot.

„Ein schöner Tod“, meint’ Nachbar Schmitt.
Er mag ’s so seh’n, darf ja noch leben.
Ansonsten teilt uns dies wohl mit:
Die Sicherheit, die wird ’s nie geben.

© Ingrid Herta Drewing

Zu Döblins Gemälde “ Die Toteninsel“

Wir treiben in dem letzten Boot
auf diese Insel zu,
auf welche wir nur leicht hingehen,
ganz ohne Last und Schuh.

Hier gibt es Sorge nicht, nie Not,
da alles liegt in Ruh’
Zypressenwächter dunkel stehen,
nicht fragend nach dem  Du.

Ein goldnes Licht hält hier im Lot
ein ewig sanfter Wille,
und tiefes Schweigen gilt dem Tod,
verstummt die Stimmen, Stille.

© Ingrid Herta Drewing