Archive for the Category Vanitas

 
 

Jahresfreuden

Wir hegen Träume,schauen zu den Sternen,
die hell erstrahlen, zeigen Lichtes Macht,
das, überwindend dieses Welltalls Fernen,
von Hoffnung kündet in der dunklen Nacht.

Im Frühling freu’n wir uns an Blüten wieder,
die lieblich und betörend Duft verströmen,
an Vogelstimmen, deren süße Lieder
uns schon am Morgen klangvoll hier verwöhnen.

Wir lieben auch die langen Sommertage,
die uns bescheren Wärme, helles Licht,
obwohl dann manchmal der Gewitter Plage
nach schwüler Hitze blitzend, donnernd spricht.

Den goldnen Herbst mit seinen Purpurfeuern,
die er nach Reifung in das Laub einbrennt,
ein Abschiedslied, hier darf Natur beteuern,
dass sie gewiss des Lebens Schönheit kennt.

Begrüßen Wintertage, klare Luft,
den ersten Schnee, der sanft vom Himmel fällt,
wenn wir, gut eingehüllt in warme Kluft,
spazieren durch die stille, weiße Welt.

Wir schwingen mit im Kreislauf der Natur.
Dies‘ Wechselspiel aus Werden und Vergehen,
es lässt auch unser Leben uns verstehen,
das sich bewegt auf einer zarten Spur.

© Ingrid Herta Drewing

Herbstgedanken

Gemeinsam
auf dem See
zwei Schwäne kreisen,
anmutig,
weiß wie Schnee.
Sie schwimmen leise,
wie Wolken schweben,
auf ihre Weise,
ein lichtes Leben.

Und am Gestade
färbt der Herbst
die Bäume
nun zur Parade
farbenfroher Träume,
die sich im Wasser
spiegeln, wieder finden,
Eschen, Kastanien,
Buchen, Birken, Linden.

Ich stehe, schaue,
darf Natur genießen
und seh’, vertraue,
dass in sanftem Fließen
auch dieses Leben,
das vergeht
und doch besteht,
hier weiter webt
und, Phönix gleich,
aus Grauem strebt,
im Frühlingsbeben
zum Licht sich hebt.

© Ingrid Herta Drewing

Jenseits der Jahresmitte

Und wieder geht ein Tag, ein neues Blatt;
Kalender zeigt: Es ist des Jahres Mitte
nun schon seit Wochen weidlich überschritten,
jetzt, da doch Sommer uns gefunden hat.

Fast unbemerkt sind wir hinein geglitten,
und es blieb auch die Midlife Crises aus.
Der Regentage graue, stumme Bitte
fand gütig Antwort durch die Kunst zu Haus.

Die Poesie, Musik, wohl unbestritten,
der Malkunst Leuchten, ihre Farbenpracht
entschädigen für vieles, was erlitten,
wie Sterne strahlend hell in All und Nacht.

Da mag nun täglich leise Licht entschwinden;
wir werden Herbst und Winter auch verwinden.

© Ingrid Herta Drewing

Mohnblüte

Nur ein Blütentag!
Wind zerriss das zarte Kleid
des roten Mohnes
und trug die Sommersehnsucht
weit über Wiesen hinaus.

© Ingrid Herta Drewing

Abgesang

Ich greife nicht mehr nach den Sternen.
Die Träume sanken in das Tal
gleich Nebeln, gräulich Licht entfernend.
Des Daseins Farben werden fahl.

Die Kräfte schwinden mir, das Leben
spielt still; die Hände tragen Sand
und Asche; matt wird alles Streben.
Ein blindes Tasten sucht nach Land.

Versiegt die Quellen, welk die Rosen.
Der letzte Tisch ist bleich gedeckt.
Der Blumengruß der Herbstzeitlosen,
zu Tode hat er mich erschreckt.

© Ingrid Herta Drewing

Bei Anblick einer Rose

So hell im Leben, Licht,
und doch schon nah’ der Nacht!
Das schöne Angesicht,
vom Tau benetzt, erwacht,
wird welken und vergehen.

Dies’ alte Spiel der Zeit,
das wir nur halb verstehen,
mahnt an Vergänglichkeit.
Sie, die, da stetes Werden
das Leben gibt und nimmt,
in allem hier auf Erden
ein Todeslied anstimmt.

Und dennoch tönt ein Klingen,
schwebt über All und Nacht,
wird hin in Sphären dringen,
die jenseits ihrer Macht.

Ingrid Herta Drewing

Im Gedächtnis

Vergänglich, auf des Tages Blatt geschrieben,
dem Schatten dieses Lebens auf der Spur,
ein stetes Kreisen, Sprechen, Schreiben, Üben
sind wir ja meistens Epigonen nur.

Wir nehmen unser Reden viel zu wichtig.
Das Wort wird uns zum Weihrauch, der gefällt,
und dennoch ist doch manches gar zu nichtig,
was uns beschäftigt und in Atem hält.

Von vielem, was gesagt im Sonnenlicht,
mag vielleicht bleiben nur ein zart‘ Gedicht,
das wer an einem Frühlingstag geschrieben,
erfüllt von reinem, grenzenlosem Lieben.

Denn Liebe, die in ihrem Wesen wahr’,
berührt , bewegt uns, wir erfühlen ’s klar.

Ingrid Herta Drewing

Rose

Du zarte Rose, rosa und so lind,

in deinem süßen Duft ich wieder find

des hellen Frühlingstages Lebenslicht,

und deine Blüte, wortlos, ist Gedicht.


Hier hat des Schöpfers Liebespoesie

dein Lächeln zärtlich leicht ins Grün geschrieben,

und wer dich anschaut, spürt sie die Magie,

verzaubert wird er, dich ersehnend, lieben.


Weil alles Schöne, das auf dieser Welt

das Herz uns öffnet und betört den Sinn,

uns tief beglückt, bewegt und so gefällt,

auch endlich ist, uns reicht den Spiegel hin.


So sehe ich dich, Rose, rosa schön,

entfalten in der lieblichen Gestalt,

doch welken auch in sterbendem Vergehen.

Und dennoch bleibt in mir dein Bild bestehen;

mein Leben wird für dich zum Aufenthalt.


Ingrid Drewing