Archive for Juli 2011

 
 

Närrische Fragen I

Sag! Können Pfauenaugen sehen?
Wie fliegen sie nur so apart,
wenn Pfauen majestätisch gehen,
als Schmetterlinge aus dem Rad?

Ein Admiral beim Militär?
Wie führt er Schiffe übers Meer?
Merkwürdig finde ich es auch,
wenn Schmetterlinge ihm im Bauch.

Und wie kann man Zitronen falten?
Die Früchte sind so fest und rund.
Vielleicht hat der Zitronenfalter
einen Beruf, der ungesund?

Wie klatscht der Mohn nur ohne Hände?
Wer hört die Falte, wenn sie lacht?
Wer stellte denn das W vor ’s Ende,
was es zur Wende flugs gemacht?

Ingrid Herta Drewing

Ermunterung

Und hast du auch alles verloren,
dir doch die Erinnerung bleibt,
aus Bildern, die wieder geboren,
das Leben sich schön weiter schreibt.

Auch ist dir die Sprache geblieben.
Vertrauter Klang schenkt dir Licht,
Musik und Lieder; wir lieben
noch immer das zarte Gedicht,

das früher als Kinder wir lernten
und auch manch’ kleines Gebet.
Wenn Zeit uns auch vielem entfernte,
dies traulich für uns noch besteht,
wird nie obsolet.

Ingrid Herta Drewing

Liebestraum

Bevor sich Blüten schließen und verblassen,
die Abendröte vor den Schatten flieht,
möcht’ ich dir sagen, wie sehr ich dich lieb’,
dass ich dich nimmer werde lassen,
du Sonne, die an meinem Himmel glüht.

Und hüllt die Nacht mit ihren Sterngesängen
uns zärtlich dann in ihren Mantel ein,
wird die Magie der Liebe uns befreien.
Dann gleiten wir, befreit von allen Zwängen,
ins Paradies, das uns lässt glücklich sein.

Ingrid Herta Drewing

Warnung

Weh’ euch, wenn der Kassandra Ruf verhallt
und ihr das Ungeheuer holt ins Land!
Da zeigt sich bald verheerend, was verkannt;
nicht zähmbar, unbeherrschbar, die Gewalt
ergreift, zerstört euch mit der kalten Hand.

Ihr fasst sie nicht, die unsichtbaren Strahlen,
der Tod kriecht schleichend, fahl in euer Haus,
und löscht in euren Körpern Zellen aus,
erzeugend Krebs mit allen seinen Qualen.
Dann wird euch deutlich spürbar dieser Graus.

Ingrid Herta Drewing

Die gestickte Buchhülle

In Perlgarn glänzen auf Stramin die Reihen,
ein Farbenmuster liebevoll gestickt.
Der Anblick dieser Hülle will verleihen
mir die Erinnerung, den Blick zurück.

Ich hatte sie gestickt als Weihnachtsgabe
sehr viele Wochen, heimlich in der Nacht,
und Mutter freute sich an Heiligabend,
als ich ihr dies Geschenk dann überbracht.

Jahrzehnte hüllte sie gar viele Bücher
auf Reisen und zu Hause sorgsam ein,
lag auf dem Nachttisch neben weißen Tüchern,
ja Mutter hütete sie wirklich fein.

Nun halte ich sie trauernd in der Hand,
der Mutterliebe schönes Unterpfand.

Ingrid Herta Drewing

Gewitter

Und es wachsen Wolkenberge,
türmen weiß sich himmelan.
Sie umzingeln Hochhauszwerge,
und verbergen Sonne dann.

Bald färbt sich der Himmel grau,
dräut in schwefelgelben Streifen.
Und der Wind stürmt rasend, rau,
wütend will er alles greifen.

Drohend grelle Blitze zucken,
und der Donner dröhnend rollt,
ängstlich kleine Vögel gucken,
als der Hagel prasselnd grollt.

Laut tobt das so eine Weile,
dann wird ’s wieder hell und still,
bis hoch auf der Dachfirstzeile
eine Amsel ohne Eile
süß ihr Liedchen singen will.

Ingrid Herta Drewing

Unbehaust

Der Abend schlummert schon in den Zypressen,
die schattig grün wie Wachsoldaten stehen,
als habe man sie und das Haus vergessen,
in dem sich selten nur ein Mensch lässt sehen.

Nur hin und wieder öffnet sich die Tür.
Verwalter prüft, ob alles ist im Stand,
damit der Eigentümer sommers hier
sich wohl fühlt in dem ihm sonst fremden Land.

Der Dörfler Sorgen kümmern ihn dort kaum.
Er wird wohl hier nicht wirklich Wurzeln schlagen.
Das Haus ist für ihn nur Besitz, ein Raum.
Die Immobilie dient als Geldanlage.

Er ist trotz vieler Häuser unbehaust,
weil ihn das Kapital lockt stets hinaus.

Ingrid Herta Drewing

Küssen

Wie schön ist ’s doch, wenn zwei sich küssen
und nichts dabei von Falschheit wissen
Nur lippenzärtlich voller Liebe,
vereint den Kuss recht gründlich üben.

Mit beiden Armen sich umfassen
und lang nicht voneinander lassen,
in ihren Traum versunken,
verzaubert, liebestrunken.

Ingrid Herta Drewing

Der erste Kuss

Und als du mich zum ersten Mal geküsst,
da war mir so, als weilte ich in Träumen,
in wundermilden Blüten, Sternenbäumen,
bei Vögeln, deren Singen heilig ist.

Zwei Schmetterlinge unsre Lippen waren,
sich zart berührend, doch auch frischer Quell
ließ spritzig leicht der Liebe Kraft erfahren.
Was dunkel quälte, wich dem Glücke hell.

Auf sanftem, lichtdurchwirktem Vliese,
geborgen, lieberfüllt umschlungen,
ist selig uns im Duft der Sommerwiese
der ersten Liebe Lerchenlied erklungen.

© Ingrid Herta Drewing

Zu Klimts Gemälde“ Der Kuss“

Verflochten, verwoben
in goldenem Vliese,
sie, blühend
wie die Sommerwiese,
lieb geborgen
in seinem Arm.

Ein Sonnengott
küsst die Erde warm,
in lichtem Mantel
sanft versunken,
hingegeben
und
liebestrunken.

Ingrid Herta Drewing