Archive for Januar 2012

 
 

Das Missgeschick

Nun endlich, sich nach langen Jahren
des Sparens diesen Urlaub gönnen,
auf einem Traumschiff in den klaren
Mittelmeerwogen kreuzen können!

Das Reisefieber sie erfasst’;
auf der Costa Concordia
sind sie willkommen bald als Gast.
Sie sich schon froh auf Deck dort sah’n.

Und ausgerechnet da geschah es,
dass ihn sein Blinddarm plötzlich plagt‘.
Statt Urlaubstagen dort an Bord
ist die OP nun angesagt.

So fährt das Schiff jetzt ohne sie.
Sie stellen ’s mit Bedauern fest.
Vorbei die Ferieneuphorie,
nun sitzen sie zu Haus’ im Nest.

Ob nächstes Jahr sie fänden Zeit,
vielleicht die Reise nachzuholen?
Sie hadern, ’s Schicksal sei bereit,
sie wieder einmal zu verkohlen.

Da schwirrt die Meldung durch den Äther
von ihres Traumschiffs Havarie;
Verletzte, Tote! Übeltäter
der Kapitän, so hören sie.

Entsetzt – erleichtert sie erkennen,
dass, was zunächst ihr Missgeschick,
sie wohl nun Rettung dürfen nennen:
Sein kranker Blinddarm war ihr Glück.

© Ingrid Herta Drewing

Schläfrige Frau Holle

Ein Spätherbst lässt hier Winter missen,
er fröstelt, hat im Januar
kein Flockenbettchen mehr zerschlissen;
Frau Holle schläft bis Februar.

Wenn alle schon vom Frühling träumen,
das Leben prall in Knospen schwillt,
beginnt sie, ihr Haus aufzuräumen;
zur Erde stieben Flocken wild.

Die Menschen, die zur Fastnachtszeit
sich auf den Straßen lustig tummeln,
sie werden sich im Narrenkleid
noch zusätzlich in Pelz vermummen.

Bis zum April liegt dann der Schnee,
und zwischendurch wird ’s auch mal tauen.
Die Frühblüher aus weißem Weh
mit ihren zarten Köpfchen schauen.

Vielleicht ist auch an Frühlings Statt
des Sommers Wärme schon zur Stelle?
Im Klimawandel Holle hat
verwischt der Jahreszeiten Schwelle.

© Ingrid Herta Drewing

Sturm

Ein regenmüder Tag ertrinkt
im Sturm, der wild die Bäume rüttelt,
den Winter aus den Zweigen schüttelt
und Dächer von den Häusern zwingt.

Ein Klappern, Heulen, lautes Rasen,
als sei ein Höllentanz in Sicht;
der Fastnachtsfreunde Papp-Hut-Nasen
wirbeln in Lüften, schmücken nicht.

Am besten bleibt , wer kann, zu Haus’
entgeht des Sturmes Wüten,
um sicher vor Unwettergraus
die Seinen zu behüten.

© Ingrid Herta Drewing

Hochhauslichter

Nachtblaue Blicke
über den Glasfassaden.
Noch träumt dort der Tag.

Ein schwarzer Flügel,
schwingend in sanften Klängen.
Chopin ist zu Gast.

Im Saal nebenan
wiegen sich junge Paare
im Mitternachtsblues.

Und hoch unterm Dach
flirtet ein himmlisches Blau,
Spiegelfacetten.

© Ingrid Herta Drewing

Blick aus dem Fenster

Ein kühler Tag, auf dessen blauer Bühne
der Wind verwegen mit dem Rauche spielt,
der zart gekräuselt steigt aus den Kaminen
und weiß in Tanzfiguren Sonne fühlt.

Sie steigen, neigen, wirbeln sich im Kreise
und schrauben hoch und höher Pirouetten,
um bald darauf in wundersamer Weise
sich leicht zu lösen von der Wirkungsstätte.

Verlieren sanft sich in des Himmels Höhe,
ein Wölkchen schwebt noch hell im Mittagslicht,
das schließlich auch entwächst des Blickes Spähen,
wenn Wind es trägt aus der begrenzten Sicht.

Was immer auch verlässt der Bühne Ort,
es wirkt gewiss an andrer Stelle fort.

© Ingrid Herta Drewing

Allegorische Runde

Niemals, Vielleicht und Gewiss
sich trafen zu nächtlicher Stunde.
Die Frage, bereit zum Verriss,
nahm Hoffnung mit in die Runde.

Und Niemals ergriff das Wort,
sehr hart nur von Ablehnung sprach,
von gänzlich falschem Ort,
die Hoffnung nähre nur Schmach.

Da lächelte Hoffnung. Vielleicht:
Dies’ sei doch zu dunkel gedacht;
ein Wagen zeige sogleich,
ob man sich verstiegen zur Nacht.

Gewiss führt‘ die Frage ins Licht,
erklärte besonnen, bedacht,
dass Niemals, zu hart im Gericht,
nur predige Ende, Verzicht;
so sei kein Leben gemacht.

Gewiss seien Liebe und Güte;
man möge die Hoffnung behüten!

© Ingrid Herta Drewing

Christrose

Wir suchten sie,die Blume,
auf Schnee bedecktem Feld,
Christrose, dem zum Ruhme,
der alles hier erhält.

Der Sonne, Luft und Regen
zur Erde hat geschickt,
des Lebens sanften Segen
uns zeigt im Blütenglück.

Wir fanden und erschauten
das zarte Sterngesicht
in Eis und Schnee, das traute
Hoffnungs -und Lebenslicht.

© Ingrid Herta Drewing

Winterausverkauf

Auf einer Wolkenbank sitzt blass die Sonne.
Sie blickt dort müde aus dem Einheitsgrau
der Wolken; doch sie scheint dem nun entronnen
für kurze Zeit zu lichter Erdenschau.

Hier liegt kein Schnee, der weiß in ihrem Strahlen
zum Winterzauber ruft das stille Land.
Seit Wochen hat des Regens feuchtes Prahlen
die Felder nun als See und Sumpf benannt.

Und in der Stadt sind blank gewischt die Steige,
recht flüssig nimmt Verkehr auch seinen Lauf.
Nur Kinder hier wohl noch zum Schneewunsch neigen.
In Läden herrscht schon Winterschlussverkauf.

Den Lenz erwartend räumt man ’s Lager frei,
und zeigt im Fenster Frühlings Konterfei.

© Ingrid Herta Drewing

Frage

Wann nehmen wir die Binde von den Augen,
damit wir sehen lernen und erkennen,
was unser Handeln hier mag wirklich taugen,
wir Menschen, die sich Schöpfungskrone nennen?

Wohl wahr, uns eigen ist dieses Gehirn,
als Gottes Wundergabe der Natur,
die uns auf diesem irdischen Gestirn
lässt Kühnes wagen, finden unsre Spur.

So sollten wir besonnen auch bedenken,
wie wir gemeinsam nutzen unsre Kraft,
dies Leben hier mit Sorgfalt sinnvoll lenken,
nur das zu tun, was Leben, Frieden schafft.

Damit wir hier auf dieser schönen Erde
dann endlich menschlich weilen, glücklich werden.

© Ingrid Herta Drewing,

Macht

M acht lässt sehr gerne vergessen
A nstand, Sorgfalt und Pflicht
C haotisch, oft auch vermessen,
H ält sie nicht viel von Verzicht,
T äuscht vor den wahren Bericht.

© Ingrid Herta Drewing