Archive for Mai 2012

 
 

Alibi-Tage

Der Tag des Kindes, Tag des Kusses,
der Tag der Arbeit, Muttertag
birgt oft den Anlass des Verdrusses
für den, der Alibis nicht mag.

Was man im Jahr zu wenig schätzt,
wird einmal kurz ins Bild gehoben
und wiederum in Schlaf versetzt,
Dornröschens Fluch, nur mild verwoben.

Genötigt fühlen sich da viele:
„Oh, Gott, es ist ja Muttertag!
Noch schnell paar Blümchen für Cäcilie,
weil sie uns heut’ erwarten mag!“

Kurz der Besuch bei den Senioren.
Das Heim wird heut’ zum Blumenhaus;
doch manche Mutter schaut verloren
dort aus dem kleinen Fenster raus.

Wir haben uns so eingerichtet,
dass uns die Zeit zu lieben fehlt,
gehetzt, verplant; so wird vernichtet,
was wesentlich zum Menschsein zählt.

© Ingrid Herta Drewing

Stürmischer Tag

Krächzende Krähen,
Sturmvögel stieben ums Haus,
Gewittermorgen.

In Frühlingsbäume
greifen wild Regen und Sturm,
peitschen die Äste.

Und Hagelkörner
prasseln, tanzen auf dem Weg,
der winterweiß wird.

© Ingrid Herta Drewing

Mai-Gewitter

Der dunkle Wolkenrand wächst in die Weite,
und bald schon ist des Himmels Blau bedeckt.
Der Sonne Strahlen, nun ermattet, gleiten,
bis sie sich ganz im Wolkenmeer versteckt.

Es heult der Sturm und kündet an mit Brausen,
dass hier gleich ein Gewitter toben wird.
Die Vögel stieben schnell in ihr Zuhause,
bevor der Äste Peitschen sie verwirrt.

Da plötzlich zucken Blitze, zackig gleißend,
und wütend, krachend, laut der Donner rollt,
als wollten sie die Erde schier zerreißen,
ein feuriges Inferno, das wild grollt.

Doch du als Mensch trotzt den Naturgewalten,
siehst, wohl geborgen, wie sie Kraft entfalten.

© Ingrid Herta Drewing

Das Gewitter

(Parallelgedicht zu “ Das Feuer“ von James Krüss)

Siehst du, wie die Blitze zucken,
zackig flitzen, feurig spucken?
Wie sie übern Himmel gleißen
und das Wolkentuch zerreißen?

Hörst du, wie der Donner grollt,
drohend, brüllend näher rollt?
Wie er hämmert, knallt und kracht,
lautstark poltert, böse lacht?

Spürst du, wie der Wind dich schüttelt,
brausend Bäume, Dächer rüttelt?
Wie er heulend tost und pfeift,
stürmisch in dein Haar dir greift?

Fühlst du, wie die Regentropfen
prasseln, platschen, klatschen, klopfen?
Wie sie stürzen, wie besessen,
auf dich fallen, dich durchnässen?

Siehst du, wie es matter zuckt?
Hörst du, wie der Donner muckt?
Spürst du, wie der Wind verweht?
Fühlst du, wie der Regen geht?

Still wird des Gewitters Braus:
Ein schwaches Klopfen,
ein letztes Tropfen,
aus,
und Sonne kommt heraus.

© Ingrid Herta Drewing

Geometrischer Dialog

In einem Malbuch sich befanden
vier Flächen, die sich nahe standen,
ein Dreieck, Rechteck, auch ein Kreis
und ein Quadrat, die Flächen weiß.
Sie warteten dort sehr gespannt,
wer sich zuerst bemalt wohl fand.

Das Rechteck sprach zum Dreieck dreist:
„Ich sag’ es dir, damit du ’s weißt.
Du armer Wicht hast nur drei Ecken
und solltest dich vor Scham verstecken.
Es fehlt ein Eck dir, drum sei leise,
entferne dich aus unsren Kreisen.
Denn wir vom Viereck, ganz apart,
sind sehr erlesen so als Art.
Kein Quader möchte uns vermissen.
Beim Hausbau sucht man, sehr beflissen,
nur uns in rechten Formen aus.
Pakete, Kisten, Schränke, Truhen,
ja selbst in Betten gäb ’s kein Ruhen,
wär’n wir als Rechteck nicht im Haus.
Gewiss malt man zuerst mich aus!“

Das Dreieck fühlt die Ehr’ verletzt
und antwortet nun sehr vergrätzt:
„Was soll hier dies’ Diskriminieren,
voll Hochmut mich zu schikanieren?
Frag’ das Quadrat, es sagt es dir,
trägt gerne uns als Form; gleich vier
von uns birgt es in sich,
diagonal braucht ’s nur zwei Strich.
Und weil du mit den Bauten prahlst,
mir deine große Welt ausmalst,
so lass mich damit nun zufrieden;
denk’ an die Form der Pyramiden!
Hier strahlt jahrtausend alter Glanz,
im Dreieck sind die Seiten ganz.
Selbst Hüte trug man mit drei Ecken!
Ich muss mich wirklich nicht verstecken;
Und hab’ ich auch nur Ecken drei,
bin ich gewiss zuerst dabei!“

Verwundert hörten ’s Kreis, Quadrat,
wie sie in nicht sehr feiner Art
noch lange miteinander stritten.
Da plötzlich kam ein Stift geglitten,
der strich die Mecker-Ecken aus.
Als Smiley hob den Kreis er raus,
zum Würfel malt er das Quadrat,
mit schönen Punkten, rund und zart.

Oft greift das Schicksal so ins Leben
und macht, was hoch will, schlicht und eben.

© Ingrid Herta Drewing

Mai

Lichtes Maiengrün,
das Blätterkleid der Bäume,
zartes Gefieder.

Süßer Fliederduft
erfüllt lieblich den Garten,
Frühlingsregenhauch.

Hell singt die Amsel.
Du in der Balkon-Loge
hörst ihr dankbar zu.

© Ingrid Herta Drewing

Frühlingsmorgen

Es ruht der Morgen sanft in tiefer Stille.
Die Nacht begrüßt, noch träumend, nun den Tag,
bevor der Sonne Licht in goldner Fülle
die frühen Vögel lockt in Feld und Hag.

Jetzt, schwebend zwischen Schlafen und Erwachen,
erscheint die Welt noch rein und sorgenfrei,
bis dann im Licht die Fragen neu entfachen
die Brennpunkte im Alltagseinerlei.

Jedoch im Frühling wachsen dir wohl Schwingen,
ein Blütenlächeln lieblich dich empfängt;
beflügelt, wird dir vieles auch gelingen;
weit wird die Welt, fühlst dich nicht mehr beengt.

Denn so viel Schönes darfst du nun erschauen;
der Schöpfung Wunder schenkt dir Gottvertrauen.

© Ingrid Herta Drewing

Beschwingter Tag

Mir ist so frühlingsleicht zu Mut’,
könnt’ mit den Vögeln singen,
schon früh ein Ständchen bringen
und fühl’ mich wie ein junges Blut,
dem alles mag gelingen.

Die Illusion schenkt mir die Kraft,
jetzt werd’ ich renovieren,
den Frühling tapezieren;
turn‘ auf der Leiter, hab’s geschafft,
die Wand darf nun florieren.

Da alles sich verjüngt und blüht
— Natur schenkt ’s uns, zu sehen –
will ich nicht abseits stehen.
Des Frühlings Lächeln im Gemüt,
lässt leicht auch mich nun gehen.

© Ingrid Herta Drewing

Maienlied

Das Maiengrün, der Zauber erster Liebe,
in einem Frühlingswald so lind erwacht,
als ob hier Elfen ihre Lieder schrieben,
mit Liebe, Anmut, Zärtlichkeit bedacht.

Auch Sommers Glut, des Herbstes Flammenfarben,
sie malen sich in der Erinn’rung Bild.
Die Träume, die in Winters Stille starben,
sie wachen auf in jedem Frühling, mild.

Sie wirken hier in wundervollen Kreisen,
und sanft erfüllen darf sie die Natur.
Wir folgen dieser Schöpfung, die so weise
auch unsrem Leben schenkt die lichte Spur.

Und hegen dieses Glück mit allen Sinnen;
im Spiel der Zeit ein stetes neu’ Beginnen.

© Ingrid Herta Drewing

Aufklaren

Schillernde Farben,
Strahlen in Tropfenprismen,
Regenbogenbild.

Und Wasserpfützen
spiegeln den blauen Himmel
nach dem Gewitter.

Ingrid Herta Drewing