Sonntagmorgen im Frühling

Der Margeriten Sterngesichter
begrüßen mich am Morgen.
Die kleinen Sonnenblütenlichter
erblühen, hier geborgen.

Wenn alles rings umher noch ruht
in sanfter Morgenstille,
erscheint die Welt so friedlich, gut
in ihrer schönen Fülle.

Da sitzt sogar die Amsel schweigend
noch auf der Tanne Wipfel,
lauscht in den Tag, der, licht sich zeigend,
schaut über Berges Gipfel.

Und deine Seele, tief verwoben
im Atem der Natur,
fühlt sich gestärkt, ins Licht gehoben
auf ihres Lebens Spur.

© Ingrid Herta Drewing

Heißer Apriltag

Frühsommertage, Hitze im April!
Schon lechzt so mancher nach dem frischen Bade
im kühlen See; auf Frühlingswiesen still
sonnt Eva sich, Paul angelt am Gestade.

Jetzt schmeckt das Eis, die Kinder strahlen, kommen,
die Waffeln reich gefüllt, vom Eismann wieder;
und Vater wird ein kühles Blondes frommen,
doch Mutter hält Diät, versagt ’s sich lieber.

Der Tag ist klar, man wandert froh gestimmt;
auch Dackel Willi hält nichts an der Leine,
rennt hin und her, die Äst’ ins Maul er nimmt
und streift damit bestrumpfte Damenbeine.

Und gar zu gern nimmt er ein Bad im See.
Die Entenmutter sichert schnell die Jungen.
Der Willi, klitschnass, springt dann in den Klee
und schüttelt sich, da heißt ’s: schnell weggesprungen!

Am Abend kehrt zufrieden man zurück.
Ein schöner Sonnentag geht nun zu Ende.
Die Freude an Natur, dem kleinen Glück,
nimmt die Familie mit in die vier Wände.

© Ingrid Herta Drewing

Im Buchenwald

Ein Flüstern und ein Raunen hier im Wald!
Da zeigt sich Leben unter welkem Laub,
den Blättern, die der Herbstwind kühn geraubt;
von Frost und Schnee verwirkt ist die Gestalt.

Doch kleine Buchen regen sich im Keim
und stoßen durch das braune, welke Dach.
Des Keimes grünes Blatt verlässt das Heim,
die Ecker, wo es lang geschlummert hat.

Und überall drängt Grünes nun zum Licht,
bedeckt hier hoffnungsfroh die karge Erde,
als habe wer ihm zugeflüstert:“ Werde!“
mit einer Stimme voller Zuversicht.

Ich stehe andächtig, erschau die Spur
des Lebens, Wunder Gottes, die Natur.

© Ingrid Herta Drewing

Morgen

Hell stand die Morgensonne schon im Osten,
und Vögel stimmten an den Lobgesang,
der in der Bäume Wipfel lieblich klang,
der Amseln Zwiegespräch auf ihren Posten.

Es funkelte in abertausend Lichtern,
im Perlenglanz der Tau, ein Gruß der Nacht,
und auch der Blumen zarte Angesichter
nun blickten auf, vom Sonnenstrahl erwacht.

Als feiere Natur ihr Frühlingsfest,
da sie nun froh des Winters Macht entronnen,
sich, licht gewandet, dürfe tanzend sonnen
im Werden, Leben, das sie wachsen lässt.

Ein trautes Bild des ewig neuen Webens
im steten Kreislauf dieses Erdenlebens.

© Ingrid Herta Drewing

Lob der Lyrik

Oh doch, du solltest singen, Kind!
Prosaisch graut zu oft das Leben,
in das wir hier gegeben sind.
Drum singe fröhlich, laut und lind,
lass glockenhell die Klänge schweben!

Fatal, zu glauben, Formen hätten
ihr klares Spiel in unsrer Zeit
verwirkt, weil sie des Menschen Stätte
in heile Bilder fälschlich retten,
wozu real sei nichts bereit.

Lass uns doch auch das Schöne sehen!
Dies’ Leben, Lobgesang im Licht,
lehrt die Natur uns zu verstehen;
sie liebt ’s gestaltend aufzugehen;
vielfältig schreibt sie ihr Gedicht.

Sie kennt der Rhythmen Macht, die Klänge,
verleiht dem Chaos noch Struktur.
Mit Phantasie sprengt sie die Enge,
verwechselt Formen nicht mit Zwängen
und folgt des Lebens lichter Spur.

So schenk’ dein Lied in Sinn und Sage,
in Bildern, Versen, Melodien,
das Schöne auch, nicht nur die Frage,
das Suchen, Streiten oder Klagen.
Ein Fundament sei ’s, das uns trage
auch in ein Reich der Harmonie.

© Ingrid Herta Drewing

Die Hütli in Utopia

Ich hatte kürzlich einen Traum,
der schien mir wunderbar.
Ein Zwergenvolk, ich glaubt’ es kaum,
das wohnte unterm Apfelbaum,
wo ’s recht gemütlich war.

Nein, Gartenzwerge waren ’s nicht,
gebrannter Ton, bemalt,
Hier diese waren echte Wicht’,
ich sah sie nah’ von Angesicht,
und das ist nicht geprahlt.

Sie hatten sich schön eingerichtet,
ihr Haus gedeckt mit Moos,
die Wände sehr gut abgedichtet
und auch auf Fenster nicht verzichtet,
zwar waren sie nicht groß.

Sie lebten friedlich, ohne Geld,
versorgt von der Natur.
Ein Apfel, der herunterfällt,
wird schnell von ihnen weggestellt.
Verschwendung, nicht die Spur!

Gemeinsam werkeln sie und schaffen
das, was für sie ihr täglich Brot.
Und keiner faulenzt, träg‘ beim Gaffen,
nicht einer will nur für sich raffen,
und niemand leidet Not.

Sie brauchen kein Automobil,
es reichen Schusters Räppchen.
Auch nervt sie keiner Mode Stil.
Sie gehen gerne in Zivil
und tragen Fingerhüt’ als Käppchen.

Ich fragte, wer das Sagen habe,
da lachten sie hell auf.
Sie fanden seltsam meine Frage,
weil sie ihr Los gemeinsam tragen,
entscheiden seinen Lauf.

Sie haben ihre kleine Welt
gemeinsam gut im Griff.
Hat sich was Schlimmes eingestellt,
sei es, dass zu viel Regen fällt,
dann gehen sie auf ’s Schiff.

Wie Noah einst der Flut entkam
und mit ihm viel Getier,
das er mit auf die Arche nahm,
obgleich nicht alle Tiere zahm,
so machen ’s Hütli hier.

Ihr Leben zeigte mir sehr gut,
man kann gemeinsam siegen
und muss sich nicht verbiegen,
noch heucheln und betrügen,
nicht wachsam, ständig auf der Hut
mit anderen bekriegen.

© Ingrid Herta Drewing

Frage

Wann nehmen wir die Binde von den Augen,
damit wir sehen lernen und erkennen,
was unser Handeln hier mag wirklich taugen,
wir Menschen, die sich Schöpfungskrone nennen?

Wohl wahr, uns eigen ist dieses Gehirn,
als Gottes Wundergabe der Natur,
die uns auf diesem irdischen Gestirn
lässt Kühnes wagen, finden unsre Spur.

So sollten wir besonnen auch bedenken,
wie wir gemeinsam nutzen unsre Kraft,
dies Leben hier mit Sorgfalt sinnvoll lenken,
nur das zu tun, was Leben, Frieden schafft.

Damit wir hier auf dieser schönen Erde
dann endlich menschlich weilen, glücklich werden.

© Ingrid Herta Drewing,

Schneesturm

Schnee stob, des Winters kalter Hauch, der Frost,
legte schon Raureif auf die Gräser, Zweige.
Dazu ein Sturm blies heftig aus Nord-Ost,
und von der nassen, weißen Last erfasst,
begannen Bäume sich bedrückt zu beugen.

Und plötzlich schien der Zauber mir verflogen,
die Schönheit, die ich sah in weißer Pracht,
denn hart und feindlich spannte er den Bogen,
dem Leben war er keineswegs gewogen,
der Winter, der hier zeigte seine Macht.

Ich fand das warme Feuer, ein Zuhause,
wir Menschen wissen ja, wie wir uns schützen.
Doch die Natur, das zarte Leben draußen,
muss zittern, vielleicht sterben in dem Brausen,
wenn hier ein Blizzard wirft die Speeresspitzen.

Ist er vorbei, liegt friedlich da die Welt,
im Unschuldsweiß glänzt dann die Winterbühne.
Des Himmels Blau, von Sonnengold erhellt,
der strahlend schöne Tag wirkt, wie bestellt;
nur noch der Windbruch trübt die frohe Miene.

Ingrid Herta Drewing

Winterträume

Nun naht die Zeit der sanften Winterträume,
der kleinen, weißen Sterne; und im Tanz
aus Himmels kühlen, weiten Wolkenräumen
herab sie schweben, zaubern hellen Glanz.

Und wo die Erde fast im Frost erstarrte,
da breiten sie die weiche Decke aus,
dass tief im Boden Wurzeln, auch die zarten,
die Kräfte sammeln in dem dunklen Haus.

Dann darf im Frühling, wenn die Flocken schwinden,
weil sie die Sonne zärtlich weggeküsst,
das Leben grünend sich zum Lichte winden
und knospen, blühen als Naturgedicht.

Das neu uns schenkt in seiner Poesie
des Lebens lichte Freude, Harmonie.

© Ingrid Herta Drewing

Reimlob

Warum die Form zerbrechen,
als sei sie Teil der Schuld,
der Hoffart, Ungeduld,
der manche sich erfrechen?

Gestalt hat alles Leben
wohl hier seit Anbeginn;
das Wachsen nimmt sein Streben
natürlich formend hin.

So mag ich Verse binden.
Gemeinsam, sagt der Reim,
wird sich hier klingend finden,
was brüchig, aus dem Leim.

Denn heilend, nicht zerstörend,
erreicht es Poesie,
mit Bild und Klang betörend,
zu fühlen Harmonie.

© Ingrid Herta Drewing