Archive for September 2012

 
 

Land-und Waldflucht

Jetzt ist die Zeit der Elstern und der Krähen;
sie suchen für die kalte Zeit Quartier
und finden es am Rand der Stadt; die Nähe
der Menschen bürgt mit Müll für Futter hier.

Wo auf den Feldern früher goldne Garben
den Vögeln manches Korn bereitgestellt,
da heißt es heute meistens für sie, darben,
denn dort wächst Raps, für Ökosprit bestellt.

Sie finden statt des Stoppelfeldes Hasen,
die sich vor Bauchweh krümmen, falsche Kost,
die sie mitsamt den Pestiziden fraßen.
Wer fürchtet sich da noch vor Winters Frost!

Auch Wildschweinhorden aus dem nahen Wald,
wo man die Eichenbäume dezimiert’,
sie wühlen in der Vorstadt ohne Halt
die Gärten durch; nach Futter wird gespürt.

Es spielt der Marder gerne mit Mechanik;
und parkt ein Auto, es ihm schon gehört.
Der Fahrzeughalter schimpft, gerät in Panik,
das Kabelwerk des Wagens ist zerstört.

So haben auch noch viele andre Tiere
die Stadt als neuen Lebensraum entdeckt.
Wenn sie den ihren an den Mensch verlieren,
dann nehmen sie sich seinen, aufgeschreckt.

© Ingrid Herta Drewing

Der Unfall ( Plot-Reimerei)

Vaters Auto,
flotter Flitzer.
Sohn wär’ gern
mal Besitzer,
führe fern.

Vater fort.
Sohn vor Ort.
Auto lockt;
Sohn drin hockt.
Er gibt Gas;
Motor heult;
Auto rast
gegen Mauer.
Splitter, Glas,
Blech verbeult;
Fahrt verbockt.

Vater sauer.
Sohn jetzt schlauer.

© Ingrid Herta Drewing

Schwindliges Leben

Aus Licht geboren, Dinge, zarte Wesen
in eine Welt aus Traum und Sternenstaub.
Ein Gaukler mixt den Tag am Lebenstresen,
verhüllt den Tod in Herbstes Feuerlaub.

Lässt Nebel seine dichten Schleier ziehen;
der Klang erstirbt im Dickicht grauer Stille.
Die Sommerträume, die nach Süden fliehen,
sie suchen einen Wunsch, der sich erfülle.

Ihr Lied vom Paradies, das ohne Not
ein Ort ist, wo in glücklichem Erleben
der Mensch sich darf mit Schönem eng verweben,
weit fern von dem Gewesen und dem Tod.

Jedoch der Realist, er weiß, das Sein,
das Leben schließt das Sterben schon mit ein.

© Ingrid Herta Drewing

Frühherbsttag

Vom Fluss her Morgennebel gleiten
und hüllen ein das stille Land.
Diffus nur kann sich Licht verbreiten,
du siehst es grau vor deiner Hand.

Jedoch am Mittag, welch ein Fest!
In warmem Golde darf erstrahlen
die Landschaft; farbenfroh nun lässt
Frau Sonne Frühherbst Bilder malen.

Mit Blattgold glänzen stolze Buchen,
im Flammenkleid der Amberbaum.
Die Kinder, die Kastanien suchen,
beglückt der kleine, runde Traum

Der Himmel wölbt sich, zart und blau,
beschirmt Septembers milde Welt.
Das Eichhörnchen,das weiß genau,
dass jetzt die Nuss zur Erde fällt.

Am See singt leise in den Weiden
die Sommerzeit ihr Abschiedslied
vom Werden, Wachsen und vom Scheiden,
ein Silberfädchen tanzend zieht.

© Ingrid Herta Drewing

Friedlos

Spottfeuer entfacht
lodernde Flammen.
Das Auge der Nacht
kennt nur Verdammen.

Gefällt sich im Hass.
Die Masse ist blind.
Die Wahrheit verblasst,
und Wut wächst wie Wind.

Die Hoffnung verbrannt.
Der Wahn hat Flügel,
erobert das Land,
wild, ungezügelt.

Der Friede, nur Traum.
Die Menschheit so blind.
In Yggdrasils Raum
das weinende Kind.

© Ingrid Herta Drewing

Krimi (Plot-Reimerei)

Schriller Schrei,
schrecklich’ Kreischen
zum Erbleichen.
Mitternacht.
Frieda wacht,
denkt an Leichen,
kann erreichen
Polizei.

Sie rückt an
mit zwei Mann,
stürmt das Haus,
findet raus:
Keine Leichen,
deutet Zeichen.
Otto Malte
sah „ Der Alte“.

© Ingrid Herta Drewing

Regenspaß

Der Regen fällt,
es wachsen Pfützen.
Dem Kind gefällt
das Hopsen, Spritzen.

Die Hose nass,
auch das, was drunter.
Die Mutter blass;
das Kind lacht munter.

© Ingrid Herta Drewing

Regenwetter

Und richtig war des Wetterfroschs Prognose.
Heut’ regnet es in Strömen stundenlang.
Ob Efeu, Aster oder stolze Rose,
sie werden ungewollt zum Regenfang.

Die Blütenblätter schwimmen in den Pfützen,
was wehrlos, zart, erliegt des Wassers Macht.
Es fehlt den Blumen hier an Schutz; mit Mützen
hat die Natur sie nun mal nicht bedacht.

Dem Efeu macht’s nichts aus, er hält die Blätter
ausdauernd in den Regen; Staub befreit
zeigt er sein frisches Grün; gewaschen, netter
hält er sich zum Empfang des Lichts bereit.

So bringt der Regen hier doch vielen Segen.
Wir Menschen leiden nicht, sind gut bedacht,
verändern kurze Zeit nur unsre Wege
und freuen uns, wenn Sonne wieder lacht.

© Ingrid Herta Drewing

Morgenstimmung

Der Wecker kräht.
Der Tag erwacht.
Das Auge späht,
Uhr sagt : Halbacht

Der Vater flucht.
Die Zeit ist weg.
Die Mutter sucht
das Essbesteck.

Der Kaffee dampft.
Der Toaster klickt.
Die Meute mampft.
Die Uhr, die tickt.

© Ingrid Herta Drewing

Lesen

Und grauweiß schirmt die Wolkendecke
das Tal, fast still an diesem Tag.
Im Nieselregen meine Strecke,
bin unterwegs, bieg’ um die Ecke;
ein Buch ich mir nun kaufen mag.

Das Wetter, das sich schläfrig gibt,
es lädt mich ein zum Schmökern, Lesen.
Ich tauche ein, wie ’s mir beliebt;
Der fernen Welten Sicht verschiebt,
was vordem hier so triste gewesen.

Verleiht mir neuen Schwung, mein Leben
Sieht plötzlich wieder rosig aus,
erkenne, das uns viel gegeben.
Die Schätze gibt ’s, sie sind zu heben,
sogar im Nebel, hier zu Haus!

© Ingrid Herta Drewing