Archive for Januar 2013

 
 

Wetter-Wunsch

So trübe der Drei-Königstag!
Ganz ohne Schnee, nur Dauerregen,
ist’s Wetter hier wohl eine Plag‘,
Da sehnt man sich nach weißem Segen.

Schneeflocken mögen tanzen, stieben,
das Tal, die Berge kleiden ein,
und blauer Himmel, den wir lieben,
erglänzen klar im Sonnenschein!

Das wäre uns ein Winterfest!
Ohne des Regens grau‘ Verhöhnen
es sich doch leichter leben lässt,
wenn Sonne, Schnee uns licht verwöhnen.

© Ingrid Herta Drewing

Aufgewacht

Wieder erwacht!
Dies‘ Wunder jeden Morgen!
Ein Tag holt neu dich auf die Welt.
Du warst weit weg,
in Träumen tief geborgen,
in Sphären, die ein sanfter Schlaf bestellt.

Dein Ich ist da
und sieht die Wirklichkeiten
im Blick der linearen Zeit.
Du merkst, geweckt,
dass dich der Träume Gleiten
hier lenkt zum Leben, dir sagt:Sei bereit!

© Ingrid Herta Drewing

Eingeblendet

Die Erinnerung an den Flügelschlag
des Kohlweißlings
auf der Kapuzinerblüte.
Aufscheinen eines Sommerlichts,
das kurz ins Auge fiel.
Einen Wimpernschlag später
sein Tod im gelben Schnabel
der Zeit.

© Ingrid Herta Drewing

Dasein

Du weißt, von Stund zu Stunde wirst du älter;
und eines Tages bist du schließlich alt,
so wie’s im schwindend‘ Licht wird immer kälter,
erst Frühling,Sommer, Herbst, dann Winter kalt.

In diesem Kreislauf, dem Vergehen ,Werden,
schwingt auch dein Leben aus auf dieser Spur.
Wie alles hast du deine Zeit auf Erden
im Reich der großen Mutter, der Natur.

So nutze dies‘ Geschenk, die Gottesgabe,
dein irdisch Leben,gib bewusst ihm Sinn!
Sei menschlich,liebe! Weder Gier, noch Habe
bestimme das, was dir gilt als Gewinn.

Damit,wenn du dein Aug‘ für immer schließt,
aufgeht, was du gesät hast,wächst und sprießt.

© Ingrid Herta Drewing

Neujahrseindrücke

Trüber Neujahrstag
Böllerhüllen, aufgeweicht,
Straßenpappmache´.

Ein grauer Himmel
verdunkelt den ersten Tag,
zweitausenddreizehn.

Deutscher Landregen
lässt die Flüsse anschwellen,
Hochwassergefahr

© Ingrid Herta Drewing

Neujahrsvorsatz

Kurz nach erfolgter Wintersonnenwende
nimmt uns das neue Jahr nun in die Pflicht.
Zwar kommt die Kälte noch, jedoch das Ende
der dunklen Tage klärt bald trübe Sicht.

Was hell im Norden wächst, im Süden schwindet,
so zweigeteilt ist irdisch das Geschick.
Wenn uns die längste Nacht noch Winter kündet,
beginnt der Südhalbkugel Sommerglück.

So wundervoll ist dies‘ hier eingerichtet,
es findet stets das Leben seine Zeit;
erscheint Natur im Winter fast vernichtet,
schläft sie doch nur, erwacht zur Frühlingszeit.

Auch wir in diesem Wechsel gern beteuern,
dass wir bereit sind, uns nun zu erneuern.

© Ingrid Herta Drewing

Das Herder-Lexikon

Heute beim Abstauben der Bücher hielt ich sie wieder einmal in Händen, die drei großen,grünen Bände, „ DER NEUE HERDER“. Wie oft hatten mich meine erwachsenen Kinder schon darum gebeten,ich möge sie endlich entsorgen. Vieles, was darin stehe, sei ohnehin veraltet. Außerdem hätte ich doch den Brockhaus im Regal, zudem gebe es auch noch die Möglichkeit, mich im Internet kundig zu machen.
Aber ich habe es bis zum heutigen Tag nicht übers Herz gebracht, mich von diesem Lexikon zu trennen; zu viele Kindheitserinnerungen verbinde ich damit.

Ich werde nie den Tag vergessen, an dem ich meine Mutter, die eine sehr starke Frau war, weinend im Zimmer sitzen sah. Der Anlass dafür war dieses Lexikon. Mein Vater hatte sich von einem Vertreter, der ihm die Vorzüge dieses Werkes anpries, den Kauf aufschwatzen lassen und die Subskription unterschrieben; allerdings konnte man den Betrag von 150 DM in Raten bezahlen.
Na und, 150 DM, das geht doch, würde man heute locker sagen. Aber mein Vater verdiente im Monat 60 DM. Davon mussten sechs Personen leben.Auch wenn damals die Lebensmittelpreise niedriger waren als heute( fünf Pfennige kostete ein Brötchen) musste meine Mutter schon sehr gut haushalten, um alle mit dem Nötigsten zu versorgen. In der heutigen Wegwerfgesellschaft kann man sich gar nicht vorstellen, wie sparsam man mit den Mitteln umgehen musste.Zum Glück gab es da noch die Naturalien aus Opas Schrebergarten, die Mutter sich aber mit ihren Geschwistern teilte.

Es war für sie nicht leicht, vier heranwachsende Kinder und einen Mann, der körperlich schwer arbeiten musste, zu ernähren.Ich kann mich noch gut daran erinnern,dass mein großer Bruder einmal, als er für die Familie Brot kaufen sollte, auf dem Heimweg fast schon einen ganzen Laib aufgegessen hatte, und wie schlimm es war, wenn man ein paar Tropfen Milch verschüttete, weil man das Milchkännchen, in das die Milch vom Kaufmann schoppenweise eingefüllt wurde,nicht ruhig genug nach Hause getragen hatte.Vieles, was für uns heute selbstverständlich ist,gab es nicht oder konnte von dem wenigen Geld nicht erstanden werden.

Deshalb freuten wir uns über die Schulspeisung, die es für uns Schüler ab 1952 manchmal gab, warmer Kakao und Kekse.Ansonsten sammelten wir Pilze, Walderdbeeren, Himbeeren,Brombeeren,Heidelbeeren und Fallobst, wenn der Bauer es erlaubte.So klein wir waren, halfen wir doch auch gern bei der Kartoffelernte auf dem Feld bei Bauer Ismar, weil wir dann auch ein paar Kartoffeln mit nach Hause nehmen durften. Aus den Bucheckern, die wir gemeinsam mit Mutter sammelten,konnte man sich in einem Laden in der Bleichstraße Öl pressen lassen, und die leckeren Esskastanien, die wir in den Herbstferien bereits morgens um sechs Uhr „Unter den Eichen„ aufsammelten,waren eine Köstlichkeit.

Ich weiß trotzdem nicht, wie Mutter es schaffte,uns alle über die Runden zu bringen.Ich hatte nie das Gefühl, wirklich zu hungern und denke noch heute daran, wie herzhaft das Tomatenbrot mit Zwiebeln und Salz im Sommer mundete und das Schmalzbrot im Winter, wenn zuvor die Mischbrotscheiben auf dem Kohlenofen in der Wohnküche getoastet worden waren.

Obwohl ich erst acht Jahre alt war, konnte ich den Kummer meiner Mutter gut verstehen, wenn sie sich fragte, wie wir nun auch noch dieses teure Lexikon bezahlen sollten. Vater tröstete sie und sagte, er werde wieder einige Bilder malen und an Herrn Ikstadt verkaufen.

Er malte hinreißend schöne Aquarelle, die von den amerikanischen Soldaten in Ikstadts Geschäft in der Langgasse als Souvenir gekauft wurden. Viel verdiente Vater ja nicht daran. Wie es allen Künstlern früher erging,machte auch hier der Kunsthändler den besseren Schnitt. Aber das Malen an sich bereitete Vater Freude. Wenn er seine gebirgigen Winterlandschaften mit dem Pinsel zum Leben erweckte, malte er, der Heimatvertriebene, sich all seine Sehnsucht nach dem verlorenen Sudetenland von der Seele. Mutter, die mit mir und dem kranken Großvater, der ausgemustert war, während des Krieges und kurz danach alleine lebte, hatte Vater,einen Witwer mit zwei Kindern, im Winter 1946 beim Schreiner Werner kennen gelernt, wo er arbeitete. Werners Frau war eine ihrer Kundinnen.

Wie glücklich war ich, als die beiden heirateten, und ich meine drei Jahre ältere Schwester Renate und den sechs Jahre älteren, großen Bruder Herbert bekam. Als dann 1949 Wölfchen, unser kleines Brüderchen geboren wurde, war unsre Patchwork-Familie, wie man so etwas heute nennt, komplett. Und obwohl das Leben damals nicht immer leicht war, fühlte ich mich in dieser Familie geborgen.

Der Tag im Jahre 1952, an dem das Prachtwerk von einem Lexikon geliefert wurde, ist mir noch recht gut im Gedächtnis.Es wurde vorgeführt, wie es heute manche Leute mit einem neuen Auto machen. Nachdem wir alle die Hände gründlich gewaschen und abgetrocknet hatten,durften wir es uns anschauen.Die Eltern präsentierten uns einen Traum, in Grün eingebunden,Bücher,in denen sich uns ein andere Welt offenbarte.
Wir hatten ja kaum Bücher, da im Krieg fast alles verbrannt war.Ich besaß einen Katechismus mit Zeichnungen, ein Märchenbuch und den Struwwelpeter.Und nun war da dieses Lexikon,das nicht nur vieles erklärte, sondern auch reichlich mit Bildern illustriert war. Besonders beeindruckten mich die Farbtafeln, die den Menschen, seine Muskeln, Knochen und inneren Organe zeigten. Wunderschön erschienen mir auch die farbigen Zeichungen von Tieren und Pflanzen.Während die meisten anderen Familienmitglieder nur in das Buch schauten, wenn sie etwas nachschlagen wollten, las ich von nun an intensiv darin und holte mir so die fremde Welt nach Hause. Und das lag nicht nur an meinem großen Wissensdurst, sondern auch darin, dass mir bewusst geworden war, wie teuer dieses Buch war.
Hier wurde mit der Grundstein für meinen Bildungshunger gelegt, weil ich damals unbewusst erfahren habe, welche Schätze sich in Büchern verbergen.

© Ingrid Herta Drewing

Traumzeit II

Komm,Stille, du Musik der Nacht,
mit deinen sanften Träumen,
auf dass ich, was tags nicht bedacht,
verloren in der Nebel Wacht,
nun nimmer mag versäumen!

Schenk mir die Farben, die im Licht
der Phantasie erblühen,
die Feuer, deren Flammen nicht,
erstickt von Alltags müder Pflicht,
im Aschengrau verglühen!

Gib Kraft mir, Worte, Poesie
und hülle mich in Klänge,
damit des Lebens Harmonie,
der hellen Lieder Melodie
mich führen aus der Enge!

© Ingrid Herta Drewing