Waches Ich

Schon seltsam, wie ein hilflos kleines Ich,
aus Dunklem kommend, in sein Dasein gleitet,
entdeckt im Spiel mit Andern sein Für-Sich,
das es bewusst auf seinem Wege leitet.

Es fühlt, erfährt die Welt mit allen Sinnen,
erlebt, empfindet tief die Freude, Schmerz;
und immer wieder singt ein neu Beginnen
ihm Liebeslieder in das junge Herz.

Auch wenn dann Müdigkeit der Lebensjahre
den Körper zwingt, sich ruhiger zu verhalten,
spielt es den Revoluzzer, und das klare
Bewusstsein liebt noch immer das Gestalten.

Denkt es erinnernd auch im Alter gern zurück,
so gilt doch Gegenwart und Zukunft wach sein Blick.

© Ingrid Herta Drewing,

Verbunden

Verwoben sind wohl aller Menschen Leben,
die Freud des Einen und des Andern Leid.
Was wir gestalten, wie wir handeln, geben,
verbindet miteinander, prägt die Zeit.

Und auch vergangner Völker sanfte Spuren
betreffen heute noch der Tage Lauf.
Wir glauben zwar, es schlügen nur die Uhren,
die wir hier ziehen eigenhändig auf.

Jedoch uns nährt des Lebens ew’ge Quelle
und viele Wege, die beschritten sind,
erscheinen uns als eine neue Stelle,
so wie ein Sprechender die Sprache find’.

Die Sprache, worin unser Denken schwingt,
wir prägen sie und fügen Deutung zu.
Jedoch in jedem Wort, das uns erklingt,
besingt das Leben auch ein fernes Du.

So wie das Licht der Sterne, die verglühten,
noch immer in den Nächten zu uns dringt,
erleben wir, was lange vor uns blühte,
weil es in dieses Daseins Tiefen schwingt.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing

Zeitreise

Zeitreisen sind, das stellt‘ man fest,
doch überaus gefährlich.
Wenn man sich darauf mal einlässt,
wird vieles unentbehrlich.

Denn manches wird so sehr vermisst,
weil man daran gewöhnt,
dass die Natur uns Labsal ist,
uns hier den Tag verschönt.

Der Wünsche drei, gewährt im Traum
von einer guten Fee,
die wurden wahr, sie glaubt es kaum,
fand wieder sich am See.

Die Schotten sprechen ja von Loch,
dort sollte Nessi sein.
Ein Saurier aus dem Wasser kroch,
und sie war ganz allein.

Das riesengroße, wilde Tier,
viel höher als ein Haus,
stand tatsächlich ganz nah vor ihr,
da nahm sie schnell Reißaus .

Sie rief die Fee und wünscht‘ sich weg,
sagt‘: „ Bitte, hol mich raus!
Bring mich zurück zum Heimatfleck,
2090 steig ich aus!“

Das war wohl mit Bedacht gewählt,
denn im realen Leben
war’n ihre Tage schon gezählt,
sie würd ’s da nicht mehr geben.

Sie fand sich im Museum wieder,
sah Schüler vor Vitrinen,
in welchen man Modelle sah
von Bäumen Sonn‘ beschienen.

Sie fragten, was das Grüne sei,
das hinterm Glas zu sehen.
Ihr Lehrer, der dort stand dabei,
gab ihnen zu verstehen:

„ Das nennt man Wald“, erklärte er,
„den hat es früher mal gegeben,
bevor der Klimawandel sehr
veränderte hier alles Leben.

Man wohnte damals nicht wie heut
in Höhlen tief verborgen.
Das Sonnenlicht ward nicht gescheut;
es gab kaum Hitze-Sorgen.

Mein Großvater hat mir erzählt,
wie er als Kind dort spielte,
die hohen Bäume ausgewählt,
sich wohl im Schatten fühlte.

Die Luft sei dort so mild und rein
und wohltuend gewesen,
man konnte dort so glücklich sein,
von Sorgen, Gram genesen.“

„Warum gibt es den Wald nicht mehr,
wer hat ihn denn zerstört?“
fragte ein Schüler, atmend schwer,
es schien, er war empört.

„Die Menschen haben das getan,
zu sorglos war ihr Ruh’n,
obwohl sie Wälder brennen sah’n,
war nachlässig ihr Tun.

Die Temp’ratur stieg weltweit an,
die Trockenheit nahm zu,
Unwetter traten auf den Plan,
das Klima kippt‘ im Nu.“

„Ist das der Grund, warum wir nun
in tiefen Höhlen leben?
Kann man denn wirklich gar nichts tun,
den Wald zurückzugeben?“

Sie sah den Lehrer ratlos dort,
drum bat sie schnell die Fee,
dass sie sie bringe heim sofort,
zu ihrer Zeit sie steh‘.

Sie traf dort froh auf Wald und Feld
und war sich sehr bewusst,
jetzt konnt‘ man retten noch die Welt,
verhindern den Verlust.

Sie könnte sich zusammentun
mit Menschen gleich gesinnt,
kein Klimamuffel sollte ruh’n,
sich ändern ganz geschwind.

Damit auch noch in ferner Zeit
es Wälder, Pflanzen, Tiere gebe,
und die Natur noch halt‘ bereit
den Menschen hier ein gutes Leben.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2019

Verfrühter Geburtstagsgruß für Laura

Mein Schwälbchen, fliegst
bald wieder in die Weite,
doch jetzt noch wiegst
du dich zu Haus, bist da.
Doch zeigt Geburtstagsseite,
wie du’s auch biegst,
dich dann in USA.

Drum will ich hier
von Herzen gratulieren,
wenn alle wir
noch scherzen, wie man’s sah,
uns fröhlich amüsieren
jetzt hier mit dir,
mein Lauralein, uns nah!

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,02.01.19

Beim Anblick alter Ruinen

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Die alten Steine, die dort den Ruinen,
schon fast zerfallen, Festigkeit gewähren –
und hier ein Zelt, das flink die Beduinen
zum Schutz erstellt, dem Wetter gut zu wehren –

Vergangenheit und Gegenwart uns zeigen,
wie flüchtig doch der Menschen Werke sind;
was Hochkulturen einst war wert und eigen,
das schwand, ist nur noch Widerstand im Wind.

Das Dasein, so vergänglich uns gegeben,
ist dennoch hehres Glück in unsrer Zeit.
Wir schätzen es, auf dieser Welt zu leben,
und Hoffnung, Freude sind uns auch Geleit.

Erfüllend mag uns Liebe hier erheben,
doch trägt bereits sein Ziel in sich das Leben.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing,2018

Verbunden

seinebru%cc%88cke_oVerwoben sind wohl aller Menschen Leben,
die Freud des Einen und des Andern Leid.
Was wir gestalten, wie wir handeln, geben,
verbindet miteinander, prägt die Zeit.

Und auch vergangner Völker sanfte Spuren
betreffen heute noch der Tage Lauf.
Wir glauben zwar, es schlügen nur die Uhren,
die wir hier ziehen eigenhändig auf.

Jedoch uns nährt des Lebens ew’ge Quelle
und viele Wege, die beschritten sind,
erscheinen uns als eine neue Stelle,
so wie ein Sprechender die Sprache find’.

Die Sprache, worin unser Denken schwingt,
wir prägen sie und fügen Deutung zu.
Jedoch in jedem Wort, das uns erklingt,
besingt das Leben auch ein fernes Du.

So wie das Licht der Sterne, die verglühten,
noch immer in den Nächten zu uns dringt,
erleben wir, was lange vor uns blühte,
weil es in dieses Daseins Tiefen schwingt.

© Foto u. Text / Ingrid Herta Drewing

Gegenwärtige Zukunft

Noch liegt das Licht des Frühlings auf den Wiesen,
da kündigt man schon Herbstes Mode an,
so als sei hier der Sommer zu verschließen,
der uns nun sonnig naht, zeigt, was er kann.

Wir Menschen wollen offenbar stets eilen,
und planend ist der Handel da voraus,
stellt sein Produkt der Zukunft in die Zeilen
als Durchblick auf dem Markt im Waren-Flaus.

Ich möcht‘ noch in der Gegenwart verweilen,
auskosten ihr Geschenk, bewusst im Glück,
anstatt sie zu vergessen, aufzuteilen,
das Konsumenten-Morgen nur im Blick.

Gewiss ganz ohne Weitblick geht es nicht!
So wünsch‘ ich mir, dass wir die Erde hegen,
behutsam sind, vernünftig unsre Sicht,
Ressourcen recht bewahren, Frieden pflegen.
Auf dieser Welt sei Güte in der Pflicht!

© Ingrid Herta Drewing,2015

Erinnerungen

Und wenn aus jenen fernen Nächten
die Sterne, die so groß an Zahl,
mir diese Stunden wieder brächten,
die nur erträumten und die echten,
die süßen Stimmen allzumal;
ich weiß nicht, ob sie mir auch heute
so wohlig klängen im Gemüt;
in frisch erwachter, neuer Freude
ein alt vertrautes Liebeslied?

Das,was gewesen, liegt im Schreine,
Erinnerungen, sanftes Gold,
doch es erglänzt in hellem Scheine,
vergessen Last,es zählt alleine
was schön erlebt und lächelt hold.
Obwohl dies‘ alles längst gebunden
in hartem Schluss, Vergangenheit,
hat es sich heimlich eingefunden
und gibt der Gegenwart Geleit.

© Ingrid Herta Drewing