Archive for Juli 2011

 
 

Ringelgenatzt

Es liebt mein Schatz
des Ringelnatz‘
besondren Satz;
meint, auch ich sollte
ohne Bedenken
aus meinem Ofen
’ne Kachel schenken.

Hätte es gern getan,
hab’ aber Heizung nur,
ganz profan.
So schenk’ ich halt,
weil sie parat,
’ne alte Kachel
aus dem Bad.

Ingrid Herta Drewing

Wetterkapriolen

Nun spielen hier verrückt die Jahreszeiten.
Der Frühling kam als Sommer jüngst daher,
und jetzt im Juli zeigt das Wetter Seiten,
als ob der Herbst schon angekündigt wär’.

Mich würde es nicht wundern, wenn der Winter
hier im September schritte eisig aus,
und im Dezember Frühling, gleich dahinter,
uns grünend zeigte hellen Blütenflaus.

Im Umbruch scheint das Weltenklima wohl;
vielleicht verschleiert Asche der Vulkane
(viel Wasser kondensiert am Aerosol)
auch momentan nur was am Wetterplane.

Wie auch das Wetter hier nun immer sei,
wir schauen, stehen machtlos nur dabei.

Ingrid Herta Drewing

Untergangsszenario

Sie schüren Ängste und gefallen sich
in Panikmache, Furcht ist ihr Gewand.
Sie zerren Katastrophen auf den Tisch,
als seien Götter sie, die Heil verbannt‘.

Berufen sich auf Weissagung, sehr alte,
2012 sei Untergang der Welt,
beschwören Inkaworte, Truggestalten,
als hätten sie ’s im Katalog bestellt.

Schon folgen ihnen Menschen, arg beklommen,
und mauern sich in tiefen Bunkern ein.
Wer möchte, sollte Untergang denn kommen,
auf solche Weise noch am Leben sein?

Das frag’ ich mich und muss darüber staunen,
wie sich der Mensch im Wahn vergaloppiert.
2012 wird man, dann wissend, raunen,
dass dieser Untergang zu andrer Zeit passiert.

Ingrid Herta Drewing

Sommeradonisröschen

So zart und filigran wie deine Blätter,
blickst du nun blühend aus dem grünen Nest,
Adonisröschen, wächst im Sommerwetter,
in Wiesenwogen feierst du dein Fest.

Ich finde dich zu meiner Freude wieder
im Blumenkasten auf dem Fensterbrett.
Hier singst du deine zarten Blüten-Lieder;
der Wind hat dich herbei gebracht so nett.

Geschenke macht er und legt in die Erde
so heimlich manches Samenkorn hinein.
Ich wart’ geduldig, hoff’, dass daraus werde
ein Pflänzchen schön wie du, mein Röselein.

Ingrid Herta Drewing

Grauer Sommersonntag

Wie grau doch dieser Sonntagshimmel blickt,
da wirkt sogar der Amselhahn geknickt,
der dort hoch auf dem Dachfirst sitzt und schaut,
wohl seinem eignen Flöten heut’ misstraut.

Es ist fast still, nur einer Taube Gurren
klingt guttural aus weiter Ferne her,
und schläfrig ruft des schwarzen Katers Schnurren
Dornröschenstimmung, hundertjährig’, her.

Das mag man nicht als Sommer hier benennen,
obwohl der Pflanzen Grün dagegen hält.
Es fehlt das Lächeln; Leichtigkeit erkennen
wir heute kaum in unsrer kleinen Welt.

Jedoch wir wissen, auch dies’ wird wohl enden,
bald streifen Sonnenprinzen durch ’s Gelände.

Ingrid Herta Drewing

Reim dich oder ich fress‘ dich!

Malheur

Ein Mensch, entbrannt in heißer Liebe,
entflammt auf Reimen, Versen stand,
hat sich, weil er bei Sehnsuchtsschüben
die rechten Worte nicht mehr fand,
falsch auf den Pegasus gesetzt.
Er stürzte ab. Gedicht verletzt!

Meisenweise

Ein Weiser hörte eine Weise,
die klang ihm zärtlich, lieb und leise
und war vertraut ihm, gut bekannt.
Er hatte sie auf einer Reise
gehört von einer kleinen Meise,
die er vor seinem Fenster fand.

Es war die Meise eine Waise
(die Eltern starben im Geleise,
als ein Schnellzug sie erfasst).
Nun singt die kleine Meisenwaise
ihr Lied im Kreis der weisen Greise,
beim Vogelhaus auf einem Ast.

Untergang

So mancher,
den das Leben ließ viel hoffen,
ist dann,
das macht mich sehr betroffen,
mit ihm im Alkohol ersoffen.

© Ingrid Herta Drewing

Vom Dichten

Für wen? Warum nur willst du schreiben?
Ist es doch Spiel nur mit dem Wort.
Du könntest dir die Zeit vertreiben
mit bess’rem Ziel, am andern Ort.

Sagst du und weißt nichts von dem Glück,
das mir beim Dichten hell erblüht,
wenn Bilder melden sich zurück.
und Vers an Vers im Klang erglüht

Ich suche nicht, die Worte sprießen,
es stürmen Reime auf mich ein,
wenn ein Gedicht beginnt zu fließen,
in Worten lebt sein eignes Sein.

Dann ist mir, als ob neues Leben
sein Lied mir in die Seele singt,
um mir hier Zeit und Raum zu geben,
und wie Musik in sanftem Schweben
ergreift mich Freude, wenn’ gelingt.

Ingrid Herta Drewing

Bei Anblick einer Rose

So hell im Leben, Licht,
und doch schon nah’ der Nacht!
Das schöne Angesicht,
vom Tau benetzt, erwacht,
wird welken und vergehen.

Dies’ alte Spiel der Zeit,
das wir nur halb verstehen,
mahnt an Vergänglichkeit.
Sie, die, da stetes Werden
das Leben gibt und nimmt,
in allem hier auf Erden
ein Todeslied anstimmt.

Und dennoch tönt ein Klingen,
schwebt über All und Nacht,
wird hin in Sphären dringen,
die jenseits ihrer Macht.

Ingrid Herta Drewing

Leben

Es liegt im Wachsen etwas Wunderbares,
wie sich ein Keimling in das Werden fügt,
sich einreiht jede Zelle, etwas Klares,
das auch dem großen Ganzen dann genügt.

Als habe es geheimen Ruf vernommen,
so folgt das Leben leise, drängt zum Licht,
und plötzlich ist es da, wirkt so vollkommen,
zeigt hier im Dasein schön sein Angesicht.

Zwar wissen wir heut’ viel von der Natur,
verfolgen analytisch ihre Spur,
um möglichst auch Erkenntnis zu erlangen.

Jedoch sind wir ein Teil des Lebens nur
und zogen sie nicht auf, die große Uhr.
Wir dürfen es nur demütig empfangen.

Ingid Herta Drewing

Rettungsschirm

Ein Sonnenschirm? Ein Regenschirm?
Ein Gleitschirm soll’s wohl sein,
damit beim Absprung alles firm
im Gleitflug kommt herein.

Doch hängt man in der heißen Luft,
erschlafft vom Schuldentragen.
Die Rating-Brüder seh’n die Gruft,
sie schaufeln schon seit Tagen.

Vom Rettungsschirm wird viel gesprochen.
Die Steuerzahler sind es leid,
dass jene, die den Murks verbrochen,
ihr Schäfchen holten schnell zur Seit’.

Schon wieder basteln Spekulanten
in der Finanzwelt an der Krise.
Die Kuh, die sie zum Melken fanden,
steht ja noch brav auf ihrer Wiese.

Ein Kampfstier sollte dort wohl sein,
wie einstmals Zeus in der Gestalt,
nehm’ auf die Hörner jene fein.
Europa hätt’ dann sich’ren Halt.

Ingrid Herta Drewig