Archive for the Category Fabeln und Parabeln

 
 

Der Bär und der Wolf

Der Bär am Ufer, dort am Fluss
freut sehr sich auf des Lachs’ Genuss,
den er im Wasser flink gefangen,
bevor der konnte weg gelangen
schnell schwimmend da mit seinesgleichen,
um bald am Oberlauf zu laichen.

Da stört ihn plötzlich Ede Wolf
und fragt ihn: „Sag mir, spielst du Golf?
Ich lad’ dich ein zu Nobel Dachs,
wenn du mir gibst ein Stückchen Lachs.
Golf ist zurzeit die große Mode,
selbst König Löwe singt die Ode:
Wer vornehm ist, was auf sich hält,
spielt Golf, weil ihm das Spiel gefällt.“

„Was“, staunt der Bär, dem Wolf vertrauend
und kaum noch nach den Fischen schauend,
„ meinst du, ich könnt’ das wirklich lernen?
Ich müsst’ mich ja vom Fang entfernen.“
„ Klar“, sagt der Wolf, “ so elegant
wie dir das Fischen geht von Hand,
wirst du gleich erste Liga sein;
dein Handicap nimmt alle ein!“

Der Bär, der sich geschmeichelt fühlt,
auch innerlich recht aufgewühlt,
folgt nun dem Wolf zur fernen Wiese,
auf der sich Golf gut spielen ließe.
Und während sie sind auf dem Weg,
hat Wolfes Meute sich bewegt
und stiehlt des Bären guten Lachs.

Der Bär fragt Wolf:“ Wo bleibt denn Dachs?“
Wir sollten doch gemeinsam spielen“
„Warte ruhig hier und üb’ schön Zielen,
ich sehe nach, wo Dachs wohl bleibt!
Viel Spaß solang beim Zeitvertreib!“

Nachdem zwei Stunden sind vergangen,
und weder Dachs noch Wolf gekommen,
merkt Bär, man hat ihn hintergangen,
ihm alle Fische weggenommen.
Und er erkennt, dass Schmeichelei
ihn arg getäuscht, ihm Lehre sei:

Trau keinem, ganz gleich welcher Art,
der dir schmiert Honig um den Bart!

©  Text u. Rezitation:  Ingrid Herta Drewing,

   Skizze: Ingmar Drewing

Geometrischer Dialog

In einem Malbuch sich befanden
vier Flächen, die sich nahe standen,
ein Dreieck, Rechteck, auch ein Kreis
und ein Quadrat, die Flächen weiß.
Sie warteten dort sehr gespannt,
wer sich zuerst bemalt wohl fand.

Das Rechteck sprach zum Dreieck dreist:
„Ich sag’ es dir, damit du ’s weißt.
Du armer Wicht hast nur drei Ecken
und solltest dich vor Scham verstecken.
Es fehlt ein Eck dir, drum sei leise,
entferne dich aus unsrem Kreise.
Denn wir vom Viereck, ganz apart,
sind sehr erlesen so als Art.
Kein Quader möchte uns vermissen.
Beim Hausbau sucht man, sehr beflissen,
nur uns in rechten Formen aus.
Pakete, Kisten, Schränke, Truhen,
ja selbst in Betten gäb ’s kein Ruhen,
wär’n wir als Rechteck nicht im Haus.
Gewiss malt man zuerst mich aus!“

Das Dreieck fühlt die Ehr’ verletzt
und antwortet nun sehr vergrätzt:
„Was soll hier dies’ Diskriminieren,
voll Hochmut mich zu schikanieren?
Frag’ das Quadrat, es sagt es dir,
trägt gerne uns als Form; gleich vier
von uns birgt es in sich,
diagonal braucht ’s nur zwei Strich.
Und weil du mit den Bauten prahlst,
mir deine große Welt ausmalst,
so lass mich damit nun zufrieden;
denk’ an die Form der Pyramiden!
Hier strahlt jahrtausend alter Glanz,
im Dreieck sind die Seiten ganz.
Selbst Hüte trug man mit drei Ecken!
Ich muss mich wirklich nicht verstecken;
Und hab’ ich auch nur Ecken drei,
bin ich gewiss zuerst dabei!“

Verwundert hörten ’s Kreis, Quadrat,
wie sie in nicht sehr feiner Art
noch lange miteinander stritten.
Da plötzlich kam ein Stift geglitten,
der strich die Mecker-Ecken aus.
Als Smiley hob den Kreis er raus,
zum Würfel malt er das Quadrat,
mit schönen Punkten, rund und zart.

Oft greift das Schicksal so ins Leben
und macht, was hoch will, schlicht und eben.

© Ingrid Herta Drewing

Der Ochsenfrosch und die Nixen

Dem Ochsenfrosch sehr zum Verdruss
ein alter Autoreifen lag
am Brückenpfeiler nah am Fluss.
Er diente dort als Sitzgenuss
für Nixen an so manchem Tag.

Sie saßen, sahen Schiffen zu,
und lachten über Possen
der Menschen, deren Füße, Schuh
für sie erschienen als tabu,
die Flossen kühl umflossen.

Dem Ochsenfrosch, der nicht mehr jung,
missfiel der Nixen Treiben.
Ohne Hausratversicherung
befürchtet‘ er ein Beben, Schwung
und Schwund in seiner Bleibe.

So sann er dann nach einer List,
wie er könnt‘ ohne Mühen,
doch sorgen für der Nixen Zwist,
so dass sie binnen kurzer Frist
vom Autoreifen fliehen.

Ne Altöl-Dose, die er fand,
kippt aus er auf dem Reifen;
verließ den Ort schnell unerkannt,
als schon drei Nixen nah dem Tand
den Platz wollten ergreifen.

Dann hört‘ er ihre Klage:“ Weh,
was klebt an unsren Schuppen?
Nur schwarze Flecken ich hier seh‘,
es helfe uns die Wasserfee;
hier lässt sich nichts weg schruppen!“

Sie stürzen in den Fluss sich wild,
Der Frosch ruft nach:“ Ade!
Zwar ist das jetzt hier mein Gefild‘,
doch tut ’s mir leid!“, meint er fast mild,
„allein ich nun da steh‘!“

© Text: Ingrid Herta Drewing,
Foto: Pixabay

Weinzeit

Eine Flasche, fest verschlossen,
Wein sehr lang im Keller lag,
denn er sollte erst genossen
werden an besond’rem Tag.

So vergingen zwanzig Jahre;
endlich holt’ man ihn herauf
und entkorkte, hofft’, dass klare
Blume steig’ im Glase auf.

Doch der Wein, vom Warten sauer,
zeigte sich als Essig nun.
Ja, nicht alles, was lang’ dauert,
hat mit Güte auch zu tun.

© Text:Ingrid Herta Drewing
Foto:Pixabay

Die Krähen und die Dogge

Zwei Krähen, einträchtig beisamm‘
sind auf ’nem Baum „Am Warmen Damm“,
auf einem grünen Zweig postiert.
Sie sehen, wie dort an dem Stamm
ein Hund das Bein hebt ungeniert
und sein Revier markiert.

„ Mach, dass du wegkommst, frecher Wicht,
uns scheint, du bist nicht mehr ganz dicht,
entferne dich aus unsrem Park!
Wir dulden Frevelhaftes nicht
und werden dich verbläuen stark,
treibst du es gar so arg!“

Der Hund hält ein in seinem Lauf,
blickt kurz zum Krähenpaar hinauf,
bevor er wütend laut dann bellt:
„Fliegt nur herab zu einem Rauf‘!
Gewiss mein Biss euch gut gefällt,
ihr kommt mir, wie bestellt!“

Die Krähen lassen ’s Krächzen sein
und sehen es wohl weise ein,
dass Kämpfen mit solch großem Hund
für sie nur bringe Schmerz und Pein.
Jedoch ihr Schiet-Klecks, weiß und rund
trifft noch der Dogge Mund.

© Foto u. Text : Ingrid Herta Drewing

Veilchenparabel

An einer Bordsteinkante, hart
treuherzig lugt sein blau Gesicht.
Ich schritt und stockte, sah es, zart,
zertrat das schöne Veilchen nicht.

Die kleine Blume, die sich hier
als Blütengast im Stein verloren,
erschien als Frühlingsbote mir,
der sich die graue Welt erkoren.

Als Zeichen, obwohl Tod befiehlt
und Kälte barsch die Wache hält,
dass Leben sich die Nische stiehlt
und so erneuernd weckt die Welt.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,

Verkannte Liebe

Ein Frosch an eines Teiches Rand
saß dort ganz selbst verloren.
Er hoffte auf ein Liebespfand,
das er sich auserkoren.

Denn jeden Tag um zwölf Uhr zehn
sah er sie hier vorüber geh’n
und glaubte, dass sie ’s wüsste,
dass was geschehen müsste.

Im Märchen war es schön zu lesen,
von einem Frosch, der Prinz gewesen,
das sollte sie doch wissen
und ihn jetzt endlich küssen.

Das Mädchen sah den Frosch nicht an,
traf sich mit einem andern Mann,
den sie verliebt nun küsste.
Ach wenn sie es nur wüsste!

Was ihr da alles nun entging:
Ein Prinz, der sie gar lieb umfing,
vom Schlösschen ganz zu schweigen,
das ihr wohl wäre eigen!

Wer glaubt denn heut noch solche Märchen?
Verliebt ging aus dem Park das Pärchen
und ließ den Frosch allein,
der sah es traurig ein:

Wer auf der Welt will reüssieren,
muss richtig auch kommunizieren.
Ein Blick allein sagt meist zu wenig,
wenn du noch Frosch bist und kein König.

© Foto u. Text: Ingrid Herta Drewing,

Wolkig

Es zogen drei weiße Wölkchen
am Frühlingshimmel dahin;
da ward dem luftigen Völkchen
recht umweltfreundlich der Sinn.

Sie wollten nach Afrika reisen
und hoch über Sahel und Sand,
sich regnend, segnend erweisen,
besiegen die Dürre im Land.

Ihr Wille war wolkig, weich,
als er an der Alpen Rand
im Aufsteigen kalt sogleich
ein jähes Ende dort fand.

Die Wassertröpfchen, die feinen,
die sie für die Ferne gehegt,
sie wurden als Schneesterne, kleine,
zum Aletschgletscher gelegt.

So geht es mit manchen Träumen,
wenn sie bei Licht nicht durchdacht,
erweisen sie sich als Schäume
des Schlafes in dunkler Nacht.

© Foto u. Text : Ingrid Herta Drewing,

Wiesbaden, Nassauer Dom vor drei Wölkchen

Kröte Emmas Sonderweg

Im März, da kroch mit ihresgleichen
die Kröte Emma, wollte laichen
im Weiher bei der großen Wiese,
wo ’s sich auch herrlich schwimmen ließe.

Doch war die Tour dorthin beschwerlich
mit all den andern, einmal ehrlich,
es nervte sie dies’ Gruppenhüpfen,
das lahme Kriechen, müde Schlüpfen.

Darum, sie war wohl auch verdrossen,
versuchte sie nun, kurz entschlossen,
den langen Weg mal abzukürzen,
um sich ihr Leben selbst zu würzen.

Sie kroch zur Straße, die schön eben
und warm vom Sonnenschein, welch’ Leben!
Die musste sie kurz überqueren,
um schnell zum Weiher heimzukehren.

Die andern rieten ihr noch ab,
das sei ein Todespfad, ein schlimmer,
ein Weg des Grauens und Gewimmer.
Doch Emma lachte nur mal knapp.

Sie hüpfte auf das warme Pflaster.
Wie eben war’s! Kein Stein, kein Ast, der
dort garstig ihr im Wege stand!
Sie glaubte, hier sei frei das Land.

Auch war sie sich wohl nicht im Klaren,
dass auf der Straße Autos fahren,
die sich nicht scheren um die Kröten
und deren große Wandernöte.

Kaum war zwei Meter sie gekrochen,
war’s Unheil schon hereingebrochen.
Ein Auto kam schnell angerauscht,
der Fahrtwind hat sie angeplauscht,
warf Emma wirbelnd weit zurück.

Sie landete im Moos, zum Glück,
und wusste erst nicht, wie ihr war.
Jedoch dann ward ihr langsam klar,
dass sie grad so dem Tod entronnen,
weil sie was Falsches da begonnen.

Nicht immer ist der leichte Weg
für alle Fälle gut und richtig;
sehr oft erweist sich kurzer Steg
am Ende unverhofft als nichtig.

© Lesung u. Text: Ingrid Herta Drewing

Abenteuerlust / Reim dich, oder ich fress dich!

Emma wollte was erleben,
Abenteuer zum Erbeben;
statt nach Green und Gretna
zog es sie zum Ätna.

Doch der machte grade Mucken
und begann heiß auszuspucken
Lava, Steine, graue Asche.
Emma hasste diese Masche.

So war er ihr nicht geheuer,
auch der Abend all zu teuer.
Sie flog von Sizilien
schnurstracks nach Brasilien.

Dort beim Karneval in Rio
sang sie laut „ O sole mio!“,
fand sich ein beim Ramba-Zamba,
tanzte auf der Plaza Samba.

Doch in diesem heißen Land
plagte sie bald Sonnenbrand
Drum sprach Emma, kurz entschlossen:
„ Jetzt wird Grönlandeis genossen!“

Was sie aber nicht bedacht‘,
dass dort lang am Tag die Nacht.
Und so war ihr Abenteuer
meist nur Plausch am Lagerfeuer.

Eines Nachts von ungefähr
wagte sich ins Dorf ein Bär.
Emma, leichtsinnig, versessen,
hatt‘ die Vorsicht ganz vergessen.

Sie schlich sich heran ganz leis‘
an den Bären, weich und weiß.
Der, auf Beutejagd indessen,
fand nun Emma, lieb zum Fressen.

Die Moral von der Geschicht‘
such‘ solch‘ Abenteuer nicht,
wenn du keine Ahnung hast,
sonst es tödlich dich erfasst!

© Text: Ingrid Herta Drewing
Foto: Pixabay