Archive for April 2011

 
 

Morgendämmerung

Nun, da sich Nacht und Tag berühren
und Nebelhauch die Wiesen küsst,
die Vögel schon das Licht erspüren,
ihr Singen hell zu hören ist,

erhebst auch du dich, schaust hinaus
und siehst beglückt der Bäume Blüte,
ein zartes Leuchten rings ums Haus,
und dankst dem Schöpfer für die Güte.

Für alles Leben, hier im Werden,
der Morgenröte sanftes Licht.
Wie schön zeigt uns jetzt doch die Erde
ihr frühlingsmildes Angesicht!

Ingrid Herta Drewing

Frühlingsempfinden

Wie mild umfächelt mich die Luft,
erfüllt von süßem Blütenduft!
Der Frühling ist gekommen,
hat alles eingenommen.

Im Blütenrausch erwacht sein Reich.
Er lässt das Harte werden weich,
und zarte Weisen klingen;
die Vögel lieblich singen.

Die Welt erwacht aus dunklem Traum,
trägt ihren federleichten Flaum
und sieht sich wachsen, werden,
in neuem Leben erden.

Auch ich fühl’ mich so leicht, beschwingt.
Dies Lied, das mir im Herzen klingt,
lässt mich am Tage träumen.

Dort unter grünen Bäumen
spaziere ich, und mir gefällt
die Frühlingshoffnung dieser Welt.

Ingrid Herta Drewing

Frühlingserwachen

In zartem Blau grüßt uns ein heller Morgen.
Ein Frühlingstag schlägt sanft die Augen auf.
Der Garten blüht; was lange Zeit verborgen,
fügt sich nun ein in neuen Lebens Lauf.

Schon haben der Forsythien goldne Hecken
ihr Blütenbanner leuchtend hier gehisst.
Sie eifern mit der Sonne, aufzuwecken,
was noch im Winterschlaf gefangen ist.

Und auch der Amsel süße Flötenlieder
verkünden lieblich, dass der Lenz ist da.
Wir sind beglückt, empfinden, dass nun wieder
mit diesem Frühling neue Freiheit nah’.

Und wir befreien uns vom Sorgenfrust,
genießen diese Zeit der Lebenslust.

Ingrid Herta Dewing

Frühlingsklang

Wie anders sind Geräusche nun zu hören.
Der Frühlingsklang, er dringt ins Haus wohl ein.
Es fehlen mir die Worte, zu erklären,
was ihn so schön verändert hier lässt sein.

Der Vögel Singen und auch andre Klänge;
es ist, als hab’ geweitet sich die Welt
und sich befreit aus einem Raum der Zwänge,
da alles klar erklingt, so leicht, erhellt.

Motorgeräusche einer Brandung gleichen,
als sei dort draußen nah‘ ein großes Meer,
und Stimmen, schwebend sanft am Tag erreichen,
durchs offne Fenster schwingend, mein Gehör.

Und zwischendurch ertönt ein Kinderlachen,
verkündet fröhlich, Frühlings neu’ Erwachen.

Ingrid Herta Drewing

Gedanken beim Einkauf

In diesem Kühlfach liegt eine Makrele,
starrt mich aus ihren toten Augen an
so vorwurfsvoll, als raubt’ ich ihr die Seele.
Ich weiß, dass ich den Fisch nicht essen kann.

Ach würden doch Gefahren hier auf Erden
begegnen warnend uns mit solchem Blick;
ganz sicher würde uns dann nicht gefährden
so vieles, was uns wird zum Missgeschick.

Jedoch erscheint so manches Böse gut,
wirkt harmlos, die Gefahr wird leicht verkannt.
So Kernkraft, unbezähmbar, nicht geruht
ein braver Flaschengeist zu sein, der stets gebannt.

Der Mensch verdrängt sehr gern auch die Gefahr.
Erst wenn der Tod ihm droht, sieht er es klar.

Ingrid Herta Drewing

Einsingen mit Tante Anna

Wer sah Tante Anna nur
unter Uferulmen angeln,
folgte heimlich ihrer Spur
durch des dunklen Sees Natur,
sich an Ästen hangelnd?

Was die Tante dort gefischt,
war nicht zu ergründen,
denn es schien kein Sonnenlicht,
Ulmen-Äste, Blattwerk dicht
schützten ihre Pfründe.

Offen bleibt der Sänger Frage,
ja sie singen nur beim Üben
jene klare Satzaussage,
und es gibt auch nicht die Klage,
Anna fische nur im Trüben

Ingrid Herta Drewing

„Unter dunklen Uferulmen sah man Tante Anna angeln“
Das wird in allen Tonlagen gesungen.

Abend am Fluss

Der Abend gleitet auf den Wellen,
erglühend, sanft die Sonne sinkt,
und Himmelsfeuer lodernd schwellen
hier, wo der Fluss stürzt in die Schnellen,
in tosend, weißem Rausch ertrinkt.

Du hast dein Boot an Land gezogen,
baust auf dein Zelt, bald wird es Nacht.
Die Vögel sind zum Nest geflogen;
es dämmert, flatternd zieht im Bogen
die Fledermaus zur Mückenjagd.

Die Eule ruft von fern Schuhu
und nebelfeucht die Wiesen rauchen.
Du ziehst den Reißverschluss nun zu,
wirst für die Nacht und deine Ruh’
schnell in den warmen Schlafsack krauchen.

Ingrid Herta Drewing

Frühlingshoffnung

Nun dürfen wir die milden Lüfte spüren
und freuen uns an Frühlings Blütenlicht,
das strahlend hell in allen Farben spricht,
uns weit auch öffnend viele Hoffnungstüren.

Und es ermuntert uns in Wald und Flur,
auch in den engen Winkeln kleiner Gassen,
dass wir zum Neubeginn uns leiten lassen,
gleich jedem Pflanzenspross in der Natur.

Denn immer wieder ruft das junge Leben,
reicht uns die Hand, wenn zögerlich wir sind,
wie einem kleinen, furchtsam’ Kind,
das zärtlich tröstend auf den Arm wir heben.

So tut uns allen doch der Frühling gut,
Gottes Geschenk, erweckend Lebensmut.

Ingrid Herta Drewing

Zu Edvard Munchs Gemälde“Der Schrei“

Du hast erfühlt
die Angst, die Qualen,
die sich entladen
in dem Schreckensschrei.
Die Leere,
hier in diesen Blick sich malend,
wird tausendfach
als furchtbar Echo neu.
Das dann in Wellen
in die Weite gellt.
Und hilflos schreit
das Leid
der ganzen Welt.

Ingrid Herta Drewing

Straße im Vorfrühling

Noch unbelaubt, doch knospend stehen Bäume
wie zur Parade hier in der Allee.
Die Hausfassaden scheinen sanft zu träumen,
die Bürgersteige säumt ein Rest von Schnee.

Die Sonne, die verzagt vom Himmel blickt,
verleiht der Straße graue Winterblässe.
In Vorgärten Schneeglöckchen schon entzückt
und zeigt, dass Frühling doch nicht ward vergessen.

Gar lange wird es wohl nun nicht mehr währen,
dann grünt und blüht es hier; ein kleines Lied
der Amsel mag es jetzt schon süß beschwören,
dass Lenz in seiner Leichtigkeit einzieht.

Dann öffnen weit sich auch der Häuser Fenster,
vertrieben sind des Winters Frost-Gespenster

Ingrid Herta Drewing