Waldestraum

schneebaum_oDie Bäume beugen, tief verschneit,
sich unter winterlicher Last.
Es hat der Frost das weiße Kleid
geschmiedet fest an Zweig und Ast.

Was jetzt bezaubert unsren Blick,
wenn aus den Wolken Sonne bricht,
erträgt der Wald als stumm’ Geschick
und wartet auf des Frühlings Licht.

Auf dass im Tauwind er dann lind,
befreit von seinem harschen Gast,
die Leichtigkeit zurück gewinnt
und knospend in den Himmel fasst.

© Ingrid Herta Drewing

Frostige Schönheit

Klarer Wintertag,
des Raufreifs Spitzenkleider
zieren die Bäume.

© Ingrid Herta Drewing

Spätherbst in der Stadt

Im Nebel liegt die Landschaft wie verloren,
die unlängst noch hell leuchtend hier gestrahlt.
Es schien, als sei sie wieder neu geboren
im Farbenspiel des Laubes, das erkoren
ein goldener Oktober, Herbst gemalt.

Erloschen sind die Kerzen der Lupinen
und auch der Astern Sterne, die im Garten
ein lila Lächeln in den kleinen Mienen,
im Sonnenschein erwachten, glänzend schienen,
verblühten nach des Nachtfrosts eisig‘ Starten.

Nun säumen welk und fahl in den Alleen
die Blätter jene kahlen Baumgespenster,
die nass und schwarz befrackt ins Graue sehen.
Nur in den Häusern, die verhüllt dort stehen,
glimmt warm noch Licht, geschlossen sind die Fenster.

© Ingrid Herta Drewing,2016

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Sommers Saitenspiel

„Ich lad‘ dich ein, hier zu verweilen
in meinem Grün!“, die Landschaft singt.
„Du magst den Sommer mit mir teilen,
musst nicht gestresst durchs Leben eilen,
hör, wie das Lied des Windes klingt!

Er lässt die Gräser sirren, schwingen,
die Wiese seine Harfe sein,
und summend Käfer, Immen bringen
sich ein in dieses helle Klingen
des zarten Saitenspiels am Rain.

Da wandelt sich der Wald, sein Rauschen
stimmt in das Sommerlied mit ein.
Die Buchen,Birken Grüße tauschen,
Milliarden Blätter zärtlich plauschen;
du darfst in ihrem Schatten sein.“

© Ingrid Herta Drewing,2016

Alte Bäume

Es tragen die alten Bäume
in ihrem zerfurchten Gesicht
vergangener Zeiten Träume
von weiten, hellen Räumen
und Tagen in goldenem Licht.

Der flirrenden Sommer Grünen,
das Herbstrot, dies’ Flammenmeer,
der Schnee auf Winterbühnen,
berauschendes Frühlingssühnen
dort irrlichtern noch umher.

Und manchmal hörst du es raunen,
dann flüstern die Wipfel leise:
“Vergiss deine Hast, die Launen,
erlerne wieder das Staunen,
wir werden den Weg dir weisen!“

© Ingrid Herta Drewing

Am Schwarzbach im Nerotal

In lindem Grün gefiedert, Bäume leuchten;
der milde Frühlingstag, so licht, gefällt!
Es scheint, als hätt‘ ein Maler in die Feuchte
ein Aquarell gepinselt, zeige schön die Welt.

Und üppig quellen dottergelbe Blüten.
Dort an des Baches Ranft sprießt Hahnenfuß,
wo auch Vergissmeinnicht weiß zu behüten,
ins Wasser blickend, Frühlings lieben Gruß.

Romantisch führen Historismus-Brücken,
kunstvolle Wege durch das Nerotal.
Der Schwarzbach speist zwei Teiche, lenkt die Blicke
zu alten Bäumen, artenreich an Zahl.

Du kannst noch heut‘, nach über hundert Jahren
die Einheit von Natur und Kunst erfahren.

© Ingrid Herta Drewing,2016

*Der Park im Nerotal wurde in den Jahren 1897 bis 1898
angelegt. Nach seiner Fertigstellung waren fast 6.000 Pflanzen
aus vielen Ländern in der rund sechs Hektar großen Anlage zu finden.

„Verglichen mit anderen Anlagen verfügt das Nerotal über die größte Baumvielfalt.
Hier gedeihen unter anderem
der Korkbaum, der Japanische Perlschnurbaum, der Gebirgsmammutbaum, die Chinesische Zaubernuss, der Amerikanische Zürgelbaum und der Taschentuchbaum“ („Stadtgrün in Wiesbaden“,Umwelt-und Kulturdezernat Wiesbaden).

Schöne Erde

Vielfältig, schön ist das Antlitz der Erde,
hell erscheinend im Glanze des Lichts.
Jeder Strahl, der in Farben sich bricht,
enthüllt es mit Zaubergebärde,
dies liebliche Leben und Werden,
das im Dunkel als Hoffnung noch spricht.

Vielfältig, schön sind die Klänge der Erde,
leise ertönend, tiefbrausend,laut.
Jedes Lied, das erklingt, zart vertraut,
entkleidet mit Geigergebärde
die Seele der stummen Beschwerde,
Harmonie wird in Liebe erschaut.

Vielfältig, schön sind die Düfte der Erde,
herb und würzig, süß, lieblich und mild.
Jede Blüte, sich öffnend, erfüllt,
weithin duftend, die Wiesenmeere,
und die Bäume, Kräuter und Ähren
verströmen sich zärtlich und wild
in der Erde betörendem Bild.

© Ingrid Herta Drewing

Frühlingshoffnung

Es scheint, als wolle Frühling scherzen,
gibt sich heut kühl, etwas verschnupft,
obwohl er vor Beginn des Märzen
schon Krokus,Primeln, Veilchenherzen
so farbenfroh ins Gras getupft.

Ich hoff‘, des Winters launig‘ Wetter
setzt nun der Lenz nicht fort vor Ort
und wünsche mir, dass er viel netter,
gepaart mit Südwind, seinem Vetter,
uns hier beglückt in grünem Hort.

Vielleicht mag er bis Ostern säumen,
entfalten dann erst mildes Leben,
lässt Blüten noch in Knospen träumen,
bis sie erwachen und den Bäumen
den zarten Flor im Lichte geben?

© Ingrid Herta Drewing,2016

Frühlingsfreude

Südwind naht auf sanften Schwingen.
Licht durchbricht das Fahle,
lässt sein helles Lied erklingen,
farbenfroh die Kunde bringen:
Frühling wird’s im Tale.

Krokus, Primeln und Narzissen
hier im Wiesengrunde
ihre Blütenbanner hissen.
Erste Bienen sehr beflissen
summen in der Runde.

Sonne spielt in Büschen, Bäumen,
Gräsern dort am Bache.
Lenz lockt Knospen aus den Träumen,
will die Wege blühend säumen,
Veilchen zart erwache.

Auf den Dächern Amseln singen
froh zur Abendstunde.
Ihre Melodien klingen,
lind in Sinn und Seele dringen,
lassen uns gesunden.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Wintermorgen

Als hätten Elfen über Nacht
gewirkt den Bäumen Sternen-Spitzen,
die zart im Morgenlicht erwacht,
von hellem Sonnenschein bedacht,
hier weiß erstrahlen, funkeln, blitzen.

Was gestern grau war, nass und kahl,
will heute klar im Licht erglänzen.
Die Nebelfee, ihr Frostgemahl
sie tauschten Küsse, reich an Zahl,
mit Raureif Äste zu umkränzen.

Du siehst des Winters Meisterstück
und magst kaum deinen Augen trauen.
Geblendet von der Schönheit Blick,
genießt du nun das kleine Glück,
darfst die Natur im Glanz erschauen.

© Ingrid Herta Drewing,2016