Archive for the Category Tod

 
 

Zu Allerheiligen und Allerseelen

Und nichts ist von Dauer, was wir erkiesen,
alles nimmt hin ohne Mitleid die Zeit,
die Wasser, die tosend zum Meere fließen,
die Pflanzen, die blühend und welkend sprießen.
Uns steht hier vieles nur sehr kurz bereit.

Sogar die Sterne, die himmlisch erglänzen,
sterben von Anbeginn in ihrem Licht.
tragen es dennoch so weit und kredenzen,
weiten uns Menschen die irdischen Grenzen,
ein Himmel voll Hoffnung und Zuversicht.

Zuversicht wächst in vertrauendem Glauben,
dass gütig uns, wenn unser Leben einst fällt,
der Herrgott in seiner Gnade erlaube,
die Seinen zu sein, wenn, fern allem Staube,
geborgen in seiner Hand er uns hält.

© Ingrid Herta Drewing

Warteschleife

Nein,Tod, ich mag nicht in die erste Reihe,
obwohl ich sehe, vor mir wird es licht.
So viele gingen, gehen jetzt; verzeihe,
noch lockt das Leben hier mich in die Sicht.

Schön wäre es, du wartest noch Jahrzehnte,
bis du mich holen kommst, bringst aus dem Tritt!
Der Erde helles Leben, das ersehnte,
es lockt noch immer mich und nimmt mich mit.

So lass mich bitte hier die Zeit noch bleiben,
erbeben in der Jahreszeiten Spur,
um in Gedichten, Bildern zu beschreiben
die schönen, kleinen Wunder der Natur!

Ich weiß, anmaßend klingt sie, diese Bitte:
Lass mich verweilen, zähl‘ nicht meine Schritte!

© Ingrid Herta Drewing,2015

Lindenblätter auf nassem Asphalt

Auf dem Asphalt ein Aquarell
aus goldnen Lindenherzen.
Der Regen, der als Herbsts Gesell
die Blätter raubte, war zur Stell,
bereit zu rauen Scherzen.

Doch du setzt sorgsam deinen Schritt,
willst nicht das Bild zerstören.
Als teile dir der Baum hier mit,
dass man sein Herzblatt nicht zertritt,
magst du’s als Bitte hören.

Vielleicht erinnert die Natur
dich an dein endlich‘ Wesen,
und du erhoffst, dass deine Spur
erhalten bleib‘ auch, sei es nur
als Bild, das wer wird lesen.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Tod

Jäh bricht der Tod ein in des Menschen Leben,
das eben noch verheißungsvoll erblüht’,
und Dunkel legt sich lähmend auf das Streben,
die Frage nach dem Sinn wird neu bemüht.

Der Schmerz der Überlebenden, die Klage
um den geliebten Menschen, der gestorben,
sie zeigt uns nun zu deutlich, dass wir vage
dies Dasein nur verstehen, kaum erworben.

Wenn kalt die Hand des Todes nach uns fasst,
wird uns bewusst, wie wertvoll dieses Leben,
einmalig uns als ein Geschenk gegeben,
und nicht, wie oft empfunden, eine Last.

Drum meidet doch den Streit um Nichtigkeiten,
beginnt einander liebend zu begleiten!

© Ingrid Herta Drewing

Abschiedsgedanken

Wir Menschen, Meister im Verdrängen,
hier leben auf dem Weltenrund,
als ob wir ewig Lieder sängen,
von Tod nichts wüssten, uns nicht zwängen
des Lebens Grenzen, letzte Stund.

Uns trägt die Phantasie, schenkt Flügel,
verleiht uns Freude, Lebensmut.
Zwar ahnen wir des Todes Hügel,
jedoch wir halten fest die Zügel
und lenken unser Dasein gut.

Und müssen wir das Leben lassen,
dereinst von dieser Erde gehn,
erkennen wir noch im Verblassen,
dass alles, was wir gerne fassen,
geliehen war – und doch so schön.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Appell

Da hilft es nicht, die Uhren anzuhalten
in stummer Trauer um der Menschen Tod.
Wenn sich der Wahn im Terror will entfalten,
dann steht ein mutig Handeln zu Gebot.

Gut ist’s, sich solidarisch zu bekunden,
doch schläft die Absicht meist im Alltag ein;
und dort, wo Ängste panisch drehen Runden,
fällt man recht schnell auf Rattenfänger rein.

Seid klar, vernünftig! Steht zu euren Werten
der Freiheit, Wahrheit, Toleranz und Recht!
Lasst euch die Menschlichkeit nun nicht gefährden,
seid wachsam, wehrhaft und erkennt, was schlecht!

Denn eines ist gewiss bei allem Streben:
Gerechtigkeit und Freiheit braucht das Leben!

© Ingrid Herta Drewing,2015

Abschied

Wir, die häufig im Nebel verweilen
auf der Suche nach Wegen zum Licht,
unsre irdischen Ängste hier teilen,
lesen verwundert des Lebens Zeilen,
wenn es von Ende und Abschied spricht.

Gern möchten wir da Aufschub erhoffen,
erleben allen Zauber der Zeit,
wenn die Freude Türen hält offen,
weil wir das Glück, die Liebe getroffen,
hier von Argwohn und Kummer befreit.

Doch gleicht’s dem Vogel, lässt sich nicht halten,
fliegt, sich aufschwingend, plötzlich davon.
All unser Wirken, sorgendes Walten
kann keine Melodie mehr gestalten,
und leise verklingt der letzte Ton.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Tod

Du liebst dein Dasein, fühlst dich frei, lebendig
und glaubst, dir sei gegeben alle Zeit,
dein Leben zu gestalten, hoffst inständig,
dass vieles hier noch ist für dich bereit.

Doch plötzlich hört dein Herz da auf, zu schlagen,
erloschen ist dein Leben, und du gehst,
obwohl dein irdisch Ich möcht‘ bleiben, sagen
den Deinen, dass du ihre Lieb‘ erflehst.

Du weißt es nicht, wann dir der Tod bestimmt,
jedoch im Alter ahnst du, er ist nah;
und dennoch, wenn er dir dein Leben nimmt,
stirbt auch ein Licht, das einst den Himmel sah.

Da mögen Glaube, Liebe, Hoffnung leiten,
die Seele hin in Gottes Reich begleiten.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Schwacher Trost

Vor verschlossenen Türen
stehen bescheiden die Kleinen,
müssen leiden und spüren,
keiner hilft, und sie führen
ein Leben zwischen den Steinen.

Wachsam lauern die Andern
hinter Gardinen und Fenstern,
wollen, dass jene wandern,
nicht vor dem Haus salbandern,
sehen in ihnen Gespenster.

Fürchten um Leib, Gut und Geld,
Angst, auch in Armut zu weilen,
die überall in der Welt
drastisch nach oben nun schnellt.
Sie wollen Habe nicht teilen.

Mammon mehrt sich bei Reichen,
weil Arme die Arbeit ja tun.
Man geht auch über Leichen,
stellt in der Ferne Weichen,
um sich luxuriös auszuruhn.

Doch nach dem Tod gebettet,
erwartet auch sie nur die Gruft.
Der Tod, der ebnet, glättet,
nichts wird rüber gerettet,
vorbei alle irdische Kluft!

© Ingrid Herta Drewing,2014

Volkstrauertag

Der Himmel milchiggrau, der Sonntagmorgen
ruht tief im Nebel, und so sonnenfern
erscheint die Landschaft, Farben sind verborgen;
nur ahnen kann man noch den hellen Stern.

Hoch auf dem Dach die schwarzen Krähen schweigen.
Sie sitzen stoisch dort, ein passend Bild
den Trauertagen des Novembers eigen,
der das Vergängliche uns klar enthüllt.

Wir, die der vielen Toten heut gedenken,
denen die Kriege raubten kalt das Leben,
wir wollen unser Handeln richtig lenken,
dem Hass entsagen und nach Frieden streben.

© Ingrid Herta Drewing,2014