Archive for Januar 2016

 
 

Leben

Wir Menschen, Meister im Verdrängen,
hier leben auf dem Weltenrund,
als ob wir ewig Lieder sängen,
von Tod nichts wüssten, uns nicht zwängen
des Lebens Grenzen, letzte Stund‘.

Uns trägt die Phantasie, schenkt Flügel,
verleiht uns Freude, Lebensmut.
Zwar ahnen wir des Todes Hügel,
jedoch wir halten fest die Zügel
und lenken unser Dasein gut.

Und müssen wir das Leben lassen,
dereinst von dieser Erde gehn,
erkennen wir noch im Verblassen,
dass alles, was wir gerne fassen,
geliehen war – und doch so schön.

© Ingrid Herta Drewing

Abschiedsgedanken

Nein sprich mir nicht von deinen Reisen!
Ich fühl’s, es zieht dich in die Ferne.
Wohin, das wird sich bald erweisen,
obwohl ich hoffte, du bliebst gerne.

Du gleichst dem Strom, ich ruhigem See;
wenn ich verweile, musst du wandern.
Zwar schenkt uns Liebesglück die Höh‘,
doch einer kennt noch kaum den andern.

Bin nicht die Kette, die dich engt,
halt dich mit Schlichen nicht zurück.
Bin nicht die Klette, die fest hängt,
bedacht nur auf das eigne Glück.

Du magst als freier Vogel fliegen!
Die Welt ist weit, lockt dich hinaus,
willst leicht dich in den Lüften wiegen,
verlässt das enge Tal, dies Haus.

Und kommst du wieder, herz‘ ich dich,
mag hell vor Freude mit dir schweben.
Vielleicht gibst dann für dich und mich
gemeinsam auch ein neues Leben.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Hertelchen

Sie trug meist keine Hüte,
nahm mich in sichre Hut,
und ihre Herzensgüte
tat meiner Kindheit Blüte
so gut.

Ja, ihre Wärme,Liebe
nie forderte Verzicht.
Gab mir das Leben Hiebe,
und schien der Himmel trübe,
schenkte sie Licht.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Januar 2016

Verdunkelnde Zottel-Tier‘ ziehen
am Himmel schwer dräuend dahin.
Der Südwesten kann sie nicht fliehen,
hofft weiter auf Wetter-Gewinn.

Noch immer das Grau,und der Regen
tropft kalt dir auf Schnauze und Pelz.
Es fehlen die Sternchen, der Segen,
der schneeweiße Winterschmelz.

Die nasskalten Tage verhöhnen
den Winter, der heuer entgleist.
Er wollt‘ den Nordosten versöhnen
mit Schnee, hat blitzschnell vereist.

Dort kam der Verkehr zum Erliegen,
die Trassen der Bahn eisig blank;
dem Winter auf Brechen und Biegen
galt kaum der Reisenden Dank.

Wir träumen vom Bilderbuch-Wetter
und laden den Winter gern ein,
zeigt er uns die Schneelandschaft netter,
Blauhimmel und Sonnenschein!

© Ingrid Herta Drewing,2016

Jagdgenossen

Wolf Graubart und Freund Lukas Luchs
sich trafen unlängst früh im Wald,
um ihre Jagd dort auszuhecken,
denn Winter war’s und bitterkalt.

Zu beiden alten Einzelgängern
gesellte sich noch Reini Fuchs,
ein listig‘ schlauer Kampfes-Recke,
obwohl er doch von kleinem Wuchs.

Die Drei, fern der Familie, Meute,
von Hunger, Kälte arg geplagt,
sie wussten, dass sich leichte Beute
den alten Tieren oft versagt.

So waren Wolf und Luchs auch froh,
als Fuchs erklärte seinen Plan,
den Hühnerstall zu stürmen, wo
sie jüngst die fetten Hennen sah’n.

Das Wasser lief ihm schon im Munde,
„ Kommt, auf zur Jagd!“,sprach Wolf sodann.
„ Es gibt da ein Problem, zwei Hunde,
bewachen sie.“,merkt‘ Luchs da an.

„ Ach, Luki, wer wird denn verzagen,
mein Plan recht ausgeklügelt ist!
Ihr lasst euch von den Hunden jagen,
derweil ich kriech durch’s Holzgerüst.

Und während ihr die Hunde lockt
weit weg vom Stall mit eurer Spur,
hab‘ ich die Hühner schnell gezockt,
die ich euch präsentiere pur.“

Gesagt, getan, es wollt‘ gelingen,
was Reinecke sich ausgedacht.
Doch konnt‘ er nur ein Huhn bezwingen,
der Bauer war erwacht vom Krach.

Er schoss auch gleich mit seiner Flinte.
Jedoch Fuchs mit der Beute floh,
die er für sich behielt; die Finte
machte die andern wohl nicht froh.

Nachdem er satt in seinem Bau
geschlafen und verbracht paar Tage,
besann er sich, was er genau
dem Luchs und Wolf nun werde sagen.

Mit leidender verstellter Miene
schlich hinkend er auf beide zu,
klagt‘ ächzend, wie es ihm jetzt schiene,
lass‘ ihm die Narbe keine Ruh‘.

Ein übler Streifschuss sei’s gewesen,
der Bauer habe abgedrückt,
nur langsam wollt‘ die Wund‘ genesen,
kein Beutefang sei ihm geglückt.

„ Mich quält der Hunger, nichts zu fressen,
ist mir in dieser Zeit geblieben.
Habt ihr vielleicht etwas zu essen
für euren kranken Freund, ihr Lieben?“

„Zwei leckre Mäuse, frisch gefangen,
wir geben dir von unsrem Mahl.
Du lässt uns demnächst was erlangen,
und teilst, was man gemeinsam stahl.“

„Ja, freilich doch, bei meiner Ehre!“,
schwor Reinecke dem Wolf und Luchs.
Jedoch für uns ist’s eine Lehre:
Sei auf der Hut vor List und Fuchs!

© Ingrid Herta Drewing,2016

Wintermorgen

Als hätten Elfen über Nacht
gewirkt den Bäumen Sternen-Spitzen,
die zart im Morgenlicht erwacht,
von hellem Sonnenschein bedacht,
hier weiß erstrahlen, funkeln, blitzen.

Was gestern grau war, nass und kahl,
will heute klar im Licht erglänzen.
Die Nebelfee, ihr Frostgemahl
sie tauschten Küsse, reich an Zahl,
mit Raureif Äste zu umkränzen.

Du siehst des Winters Meisterstück
und magst kaum deinen Augen trauen.
Geblendet von der Schönheit Blick,
genießt du nun das kleine Glück,
darfst die Natur im Glanz erschauen.

© Ingrid Herta Drewing,2016

Winters Licht

Im Nebelbett schläft noch das Land.
Der Wintermorgen lässt es träumen.
Es schenkt der Raureif ihm sein Pfand.
Dort, wo kein Vogel singt,
kein Eichhörnchen jetzt springt,
bemalt er fröstelnd Bäume.

Im hellen Sonnenglanz erwacht,
ein Zaubermärchen die Gefilde
in filigraner, weißer Pracht.
Ein Funkeln leuchtend spricht,
und lächelnd hier im Licht
erlebst du Winters Milde.

© Ingrid Herta Drewing,(Üb. 2015)

Sylvesters Silvester

Sylvester, jener frech‘ gewitzte Kater
war jüngst zum Jahresende auf der Pirsch,
denn an Silvester spielt er gern Theater
dort im Casino nah dem „ Weißen Hirsch“.

Zwar war’n ihm fast die Mäuse ausgegangen;
doch hatte er mit seinen letzten Glück,
gewann das, was ihm fehlte, zum Erlangen
den Tanz mit Mieze, Katzenfrau mit Chic.

Er führt‘ sie auf’s Parkett, gestand, er liebe
von allen flotten Miezen sie allein.
Jedoch sie meinte nur, das, was ihn triebe,
sei wohl bewirkt durch Alkohol im Wein.

Und außerdem hätt‘ sie schon einen Holden,
der ihr den Himmel hole auf die Erd‘,
der komme gleich und tilge Liebesschulden,
entführe sie auf einem weißen Pferd.

Sie ließ ihn stehen, wollte grad verschwinden,
da sprang Sylvester zu der Tür, den Schmerz
mochte er ohne sie so nicht verwinden
und griff sich in Verzweiflung ihren Nerz.

Da zeigte sie ihm wütend ihre Krallen.
„Was fällt dir ein, verrücktes Katervieh,
mich zu berauben, schmachtend anzulallen,
so einen blöden Typ sah ich noch nie!“

Sylvester ließ den Pelz zu Boden gleiten,
und wandte flugs von Mieze seinen Blick,
begann mit flottem Schritt davon zu schreiten,
es fuhr sein Kater-Stolz ihm ins Genick.

„Auch andre Mütter haben Töchter, schöne,
es muss nicht die verwöhnte Mieze sein.
Wie sagte Vater einst doch:’Liebe Söhne,
es gibt so viele liebe Kätzchen fein.’“

© Ingrid Herta Drewing,2016

Neujahr

Der Neujahrsmorgen grüßt in sanfter Stille.
Nach lautem Trubel der Silvesternacht
zeigt sich in Klarheit nun Vernunft und Wille
zum Neubeginn bereit, recht gut bedacht.

Was alles mag sich wohl zum Bessern wandeln?
Der Vorsatz lässt uns wirken darauf hin.
Es soll im neuen Jahr doch unser Handeln
stets folgen einem klar bestimmten Sinn.

Zwar wissen wir, dass vieles wird nur vage
entsprechen jenem hohen, hehren Ziel,
doch stellen wir die Absicht nicht in Frage
und frönen jedes Jahr dem gleichen Spiel.

Erneut uns tragen Zuversicht und Hoffen,
und wir, erfreut, sehen die Türen offen.

© Ingrid Herta Drewing,2016