Kraniche im Herbst

Es zogen Kraniche nach Süden,
und träumend folgtest du dem Zug
mit einem Blick, der nimmermüde,
viel Fernweh, Sehnsucht in sich trug.

Du sahst vor dir die Palmenhaine,
den wilden Fels’ am blauen Meer
und auch am Hang versteckt das kleine,
weiß strahlend’, schöne Haus, so hehr.

Zu gerne wärst du mitgezogen,
wärst du nur wie ein Vogel, frei!
Bist in Gedanken fort geflogen,
entflohst kurz grauem Einerlei.

© Ingrid Herta Drewing

Spätherbst

Des Herbstes Stürme durch die Gassen tosen.
Auch Felder, Wälder hat er im Visier
und wirbelt auf die Blätter. Schon Quartier
nimmt Raureif auf den Wiesen; Herbstzeitlose
wetteifern blühend mit den letzten Rosen,
und kahle Bäume stehen stumm Spalier.

Wer hier noch Sonne schreibt, trotzt Nebeltagen,
in deren Dichte die Konturen schwimmen,
wenn laut der Kranichzüge Abschiedsstimmen
erklingen wie ein einzig‘ traurig‘ Klagen,
wer da gelassen bleibt, der wird es wagen,
die Segel seines Sehnens neu zu trimmen.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Friedenssehnsucht

Im Nebelgrau liegt noch der Tag,
und Regen rinnt hernieder.
Die Taube nicht nach Sonne fragt,
sitzt auf dem Dach ganz unverzagt
und putzt sich ihr Gefieder.

Ich wünschte, dass ich so gelassen
des Lebens Leid ertrüge,
mich nicht mit Sorgen müsst‘ befassen,
nicht nähme wahr das üble Hassen,
den Wahn der Zeit, die Kriege.

Ich fühl mich machtlos wie die Taube,
kann nicht dem Regen wehren.
Doch lassen mich Vernunft und Glaube
die Welt, frei vom Fanatik-Raube,
in Frieden hier begehren.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Musiktrost

Der Himmel Wolken verhangen;
es fehlt dem Tagen an Licht.
Wo gestern noch Vögel sangen,
und Lieder lieblich erklangen,
übt heute das Lächeln Verzicht.

Die Wiesen zu Heu geschoren,
vorbei der blühende Traum,
was grünend ins Leben geboren,
wirkt nun so müde, verloren,
und Blätter welken am Baum.

Doch bist du zu Haus geborgen,
zum Glück ist fern dir der Krieg!
Und all deine kleinen Sorgen
trüben dir nicht den Morgen,
hörst du den Klang der Musik.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Herbstseiten

Es kürzt der Tag die hellen Stunden,
empfängt uns schon mit kühler Nacht.
Der Frühherbst hat sich eingefunden,
beschert uns reicher Ernte Pracht.

Wir lieben sie, die goldnen Tage,
da Blätter glänzen gelb und rot,
bevor der Herbststurm ohne Frage
sie weht zum Welken in den Tod.

Wenn dann November Nebeldichte
vor Sonnenlicht und Auge hält,
erzählen Träume uns Geschichten ,
und Sehnsucht mit dem Regen fällt.

© Ingrid Herta Drewing (2014 überarb.)

Nostalgisch

Wir träumten, der Sommer sei ohne Ende,
so himmelweit dieser Liebe Hallen,
wo einer den andern behände fände,
gemeinsam glücklich ins Licht gefallen.

Der Herbststurm verwehte ihn mit den Blättern,
und als im Grau die Nebel uns fanden,
fehlte die Himmelsleiter zum Klettern,
wir kamen traurig einander abhanden.

Und hör ich heut singen die Liebesweisen,
so schleicht sich sanft leise Wehmut ins Herz.
Da möcht ich zurück in die Zukunft reisen,
jedoch klingt banal, nostalgisch die Terz.

Und doch wärmt im Winter dies sommerlich Bild,
der Rose Duft zärtlich noch Träume erfüllt.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Traumwirklichkeit

Und in den Nächten wir fallen
tief in der Träume Schoß.
Sie, die der Seele gefallen,
wirken geheim in uns allen,
lassen uns nie wieder los.

Bewahren Sehnen nach Frieden,
Liebe, Freude und Glück,
Hoffen, es sei uns beschieden,
dass endlich kehren hienieden
Güte, Einsicht zurück.

Denn hier im Jetzt gilt’s zu schaffen
menschliches Paradies,
ganz abzuschwören den Waffen,
dem wütend grimmigen Affen
in uns, dem dunklen Verlies.

Probleme vernünftig lösen,
dem Miteinander vertrauen
und, statt mit Haken und Ösen
sich zu verschreiben dem Bösen,
gemeinsam Heimat aufbauen.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Rosenarie

Ach,zarte Rose, lieblich von Gestalt,
dein Blütenbild ist mir ein sanft‘ Verheißen
des Lebens Schönheit, jener machtvoll leisen,
ergreifend tiefen Liebes-Urgewalt.

Jedoch es mischt sich ein dies‘ stille Trauern.
Die Zeit setzt Zeichen, Leben kennt den Tod.
Dein blühendes Gesicht wird welk bedroht;
ein irdisch‘ Sonnendasein darf nicht dauern.

Und dennoch singen wir die Sehnsuchtslieder,
ein süßer Schmerz tönt klingend aus der Kehle.
Das müde Herz schenkt sich in Liebe wieder,
der Freude Hoffnung hell belebt die Seele.

Den Stachel Tod wird Liebe überwinden
und Ewigkeit dem Augenblick verbinden.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Beim Anblick der Schwalben

So sanft und leicht, wie diese Schwalben schweben
im hohen Blau der Himmelslüfte hin,
möcht‘ sich auch schwerelos mein kleines Leben
in dieses frühen Sommers Licht verweben,
nicht wähnen Anfang, Ende, Sinnbeginn.

Auf sanften Schwingen in den Abend gleiten,
wenn tief am Horizont die Sonne loht
und lange Schatten durch die Straßen schreiten.
Im letzten Licht noch weit die Flügel breiten,
bevor die Dunkelheit den Tag bedroht.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Frühlingsliebe

Der Abend naht, des Tages Räume,
die flirrend sonst im Licht belebt,
erschließen dunkelnd nun in Träumen
des Frühlings unter Blütenbäumen,
wie junge Liebe zärtlich bebt.

Die Nachtigall mag sehnend singen,
ihr Herzschlag misst da sanft die Zeit,
und liebe Worte flüsternd dringen
ins Ohr der Liebsten; Seelen schwingen
gemeinsam süß in Seligkeit.

© Ingrid Herta Drewing,2014