Archive for Oktober 2014

 
 

Fernstenliebe

Du sagst, die Welt halte den Atem an,
meinst, dass sie nicht in Mitleid nur verweile,
sondern auch tue, was sie geben kann?

Jedoch der Katastrophen Folge, Eile,
die Sensationen machen Fühlen stumpf.
Der Mensch gewöhnt sich an den Schlag der Zeile.

Wie bald erinnert er sich nur noch dumpf,
dass in der Ferne irgendwer gelitten,
weil irgendetwas furchtbar spielte Trumpf.

Aktiv wird wohl der Mensch erst, wenn inmitten
der eignen kleinen Welt die Not sich zeigt.
Ansonsten, weiß er kühl und klar zu splitten.

Ja, Welt hält kurz den Atem an, dann schweigt
der Altruismus, hält die Tat zurück.
Durch täglich neue Schreckensnachricht neigt
man fast dazu, zu wähnen ein Geschick.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Scheherazade 2014

Der Wüste weite, sternenklare Nacht
verbirgt die Schatten, die den Tag entstellen,
wenn ständig Mündungsfeuer raucht und kracht,
und knallend laut die Todesschüsse gellen.

Von Märchen weit entfernt Scheherazade
verteidigt sich, ihr Land im Schützengraben.
Der schwarzen Schlächter teuflische Scharade,
der dunkle Wahn, sollt‘ bald ein Ende haben!

Erst dann kann die Oase wieder grünen,
das Leben seine Friedenslieder singen
und auf des Glückes kleinen Zauberbühnen
kein Mensch den andern knechten und verdingen!

Doch, wie es scheint, ist dieser Tag noch weit.
Das Kind, es weint, denn Kampf bestimmt die Zeit.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Herbstmittag

Wie mild der Wind die Wipfel will bewegen,
wie friedlich still der Tag im Mittag lebt!
Nur seidenleicht ein feiner Blattgold-Regen
in zartem Tanze aus den Bäumen schwebt!

Als ob Natur, hier feiernd, zelebriere
ein Abschiedsfest, das allem Schönen gilt,
sie sich noch einmal üppig nun erküre
die Farbenpracht, die licht die Landschaft füllt.

Sterntalermärchen, lind die Blätter schweben,
ich schau hinauf, als führ‘ ich himmelwärts,
und fühle mich verzaubert, leicht mein Leben
an diesem himmelblauen Tag im Herbst.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Eichhörnchen im Herbst

Noch schläfrig blickt der Herbsttag ins Gelände,
diffus erscheint das frühe Morgenlicht.
Des Nebels Grau verweigert Sonnensicht;
jedoch Eichhörnchen wuselt schon behände
und folgt flugs seiner Futter-Sammelpflicht.

Der Walnussbaum, die Buche und die Eiche,
auch dort im Park so mancher Haselstrauch
begrüßen es im feuchten Nebelhauch,
verschenken ihre Früchte hier im Reiche,
wo sie das rote Kätzchen gern aufklaubt.

Bemüht darum, die Schätze zu bewahren,
sucht es sich heimlich Orte weit und breit,
vergräbt den Vorrat für die Winterzeit.
Dort wachsen manchmal Bäume mit den Jahren
als grünes Glück seiner Vergesslichkeit.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Herbstabend

Aus den Wiesen schweben Schleier,
Nebellieder. Abendrauch
hüllt die Weide ein am Weiher,
wo der letzte Silberreiher
wird zum Bild in sanftem Hauch.

So wie zarte Tuschezeichen
in der Ferne Baumkonturen.
Kronen jener Buchen, Eichen,
die bis in den Himmel reichen
über grünen, feuchten Fluren.

Leicht im Abendlicht verschwimmen
sie in goldner Sonnen-Glut,
die sich rötet im Verglimmen.
Und es schweigen laute Stimmen;
stille wird der Wald und ruht.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Nebelzeit

Nun wird es fühlbar kälter, und die Tage
im Nebel und im Dunkel fast verschwinden.
Nur wenn die Stürme wild ihr Spiel austragen,
scheint sich hier noch Bewegung einzufinden.

Als sei sie jenseits jetzt von Raum und Zeit,
verloren ganz im Nirgendwo der Träume,
verliert die Landschaft ihr Konturen-Kleid,
wie Spukgestalten wirken kahle Bäume.

Da schätzt du dein behagliches Zuhause,
fühlst dich geborgen, weil dir Wärme, Licht,
wenn’s draußen dunkelt, doch in deiner Klause
den Schutz vor kalter Unbill fest verspricht.

Ein gutes Buch, Gespräche am Kamin
verscheuchen Trübsinn, lassen Glück einziehn.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Spätherbst im Park

Der Sommerlieder verlorene Klänge,
es wirbeln die farbigen Blätter im Wind,
wild tanzend, bis Regen trommelt, Gedränge,
in buntem Teppich ein Weben beginnt.

Sie liegen, einst grün, zum Welken bereit.
Doch zaubern nun Frost und Nebel am Morgen
ein silbernes, schimmerndes Raureifkleid,
die dunkle Wandlung durch Schönheit verborgen.

Du siehst dieses Bild, und dich Wehmut befällt,
weil alles, was lebt, im Irdischen schwindet,
das Glück, der Glanz und die Freude der Welt
sich irgendwann auch im Enden befindet.

Damit es kann wachsen, dies‘ pralle Leben,
muss es im Kreislauf das Sterben wohl geben.

© Ingrid Herta Drewing, 2014

Geduld

Ein Storch einst spazierte am Teiche,
sah unter den Weiden die Laiche
der Frösche und Kröten
und tat sie nicht töten.
Es fehlte da wohl noch am Fleische.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Leben

Ein neuer Anfang folgt dem Ende.
In Strecken von uns eingeteilt,
die Endlosschleife zeigt die Wende,
in der mit uns die Zeit enteilt.

Zu gerne würden wir ihn halten,
den Augenblick, der uns erfüllt.
Das Leben aber liebt Gestalten,
im Nebel gern das Glück verhüllt.

So tasten wir uns, mutig strebend,
durch ’s Dunkel, suchend, in den Tag.
Der Liebe Fackel, Licht uns gebend,
in diesem Dasein uns belebend,
den rechten Weg wohl weisen mag.

© Ingrid Herta Drewing,2014

Genuss

Ein Mann saß am Ufer des Rheines,
genoss dort die Blume des Weines.
Bis morgens um sieben
tat er’s nach Belieben,
sagt‘, Riesling sei doch etwas Feines.

© Ingrid Herta Drewing,2014