Archive for the Category Heimat

 
 

Alte Bäume

Es tragen die alten Bäume
in ihrem zerfurchten Gesicht
vergangener Zeiten Träume
von weiten, hellen Räumen
und Tagen in goldenem Licht.

Der flirrenden Sommer Grünen,
das Herbstrot, dies’ Flammenmeer,
der Schnee auf Winterbühnen,
berauschendes Frühlingssühnen
dort irrlichtern noch umher.

Und manchmal hörst du es raunen,
dann flüstern die Wipfel leise:
“Vergiss deine Hast, die Launen,
erlerne wieder das Staunen,
wir werden den Weg dir weisen!“

© Ingrid Herta Drewing

Am Schwarzbach im Nerotal

In lindem Grün gefiedert, Bäume leuchten;
der milde Frühlingstag, so licht, gefällt!
Es scheint, als hätt‘ ein Maler in die Feuchte
ein Aquarell gepinselt, zeige schön die Welt.

Und üppig quellen dottergelbe Blüten.
Dort an des Baches Ranft sprießt Hahnenfuß,
wo auch Vergissmeinnicht weiß zu behüten,
ins Wasser blickend, Frühlings lieben Gruß.

Romantisch führen Historismus-Brücken,
kunstvolle Wege durch das Nerotal.
Der Schwarzbach speist zwei Teiche, lenkt die Blicke
zu alten Bäumen, artenreich an Zahl.

Du kannst noch heut‘, nach über hundert Jahren
die Einheit von Natur und Kunst erfahren.

© Ingrid Herta Drewing,2016

*Der Park im Nerotal wurde in den Jahren 1897 bis 1898
angelegt. Nach seiner Fertigstellung waren fast 6.000 Pflanzen
aus vielen Ländern in der rund sechs Hektar großen Anlage zu finden.

„Verglichen mit anderen Anlagen verfügt das Nerotal über die größte Baumvielfalt.
Hier gedeihen unter anderem
der Korkbaum, der Japanische Perlschnurbaum, der Gebirgsmammutbaum, die Chinesische Zaubernuss, der Amerikanische Zürgelbaum und der Taschentuchbaum“ („Stadtgrün in Wiesbaden“,Umwelt-und Kulturdezernat Wiesbaden).

Weihnachtsfreude

Schneesterne tanzen, schweben leise
zur Erde,wo, trotz Winters Fracht,
erklingen will die traute Weise
vom Kinde, das in stiller Nacht
die Friedensbotschaft uns gebracht.

Zur Weihnacht strahlen nun die Kerzen;
der Hoffnung Licht wird hell entfacht.
Christrosen blühen, wie im Märzen
ein Frühlingsleuchten neu erwacht,
wärmt und beglückt die Herzen sacht.

Der Freude Jubel schwingt im Kreise,
verdrängt des Argwohns dunkle Macht,
schickt Liebeslieder auf die Reise,
als hätten Engel sie erdacht
und hielten himmlisch hier die Wacht.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Geborgen

Matt taumelt nun herab das letzte Blatt,
mein kleiner Apfelbaum ist kahl geworden,
und Nebel dicht sich ausgebreitet hat,
eiskalte Luft strömt in das Land von Norden.

Da fühl ich sanft geborgen mich zu Hause,
wo wohlig doch noch Licht und Feuer wärmt.
Behaglichkeit in meiner kleinen Klause,
es knistert im Kamin, die Flamme schwärmt.

Und mögen dann auch Eis und Schnee bedecken
den See, die Felder, Wälder und die Stadt,
es kann mich Winters Frost hier nicht erschrecken,
weil seine Macht da nichts zu sagen hat.

Bald leuchtet, blüht ein klarer Tag im Garten,
lässt mich des Winters Schönheit froh erwarten.

© Ingrid Herta Drewing,2015

Vor dem Rathaus

Als sei’s ein Werk aus altem Holzbaukasten,
so Klotz auf Klötzchen, Stein auf Stein,
in das doch kundig Hände fassten
und setzten klare Scheiben ein.

Noch gilt’s zu werkeln, wahrend die Fassade.
Es ward errichtet ein Gerüst,
und traurig grüßt die Balustrade,
wo helles Blühen wird vermisst.

Der Tag der Einheit geht an ihm vorüber,
denn Frankfurt führt den Festakt aus.
Hier herrscht heut Ruh‘, das Gegenüber
führt’s spiegelbildlich auch hinaus.

Verwaist der Schlossplatz, auf den grauen Stufen,
wo werktags Menschen gehen ein und aus,
schweigt nun sogar der Tauben Rufen.
Drei goldne Lilien glänzen hoch am Haus.

Ingrid Herta Drewing,2015

Magischer Augenblick

Ja, Tage gibt es, die sich zart entfalten,
wie Rosenblüten sich im Licht bereiten.
Die Sonne wird am Himmel zärtlich walten,
im Abendrot erglühen, sinkend gleiten.

Den Sternen-Mantel darf die Nacht ausbreiten.
Des Mondes Silber fließt auf Stadt und Land,
mag sanft die Schwäne auf dem See geleiten,
und Weiden träumen dort an Ufers Rand.

Da wähnst auch du dich jenseits aller Zeiten,
gebannt von diesem schönen Augenblick,
und deine Seele fühlt die stillen Weiten
des wunderbaren Lebens, irdisch‘ Glück.

Du hörst dein Herz, folgst nicht dem Takt der Uhr,
verzaubert schaust du: Schön ist die Natur!

© Ingrid Herta Drewing,2015

Spätsommer

Ein himmlisch klarer Tag!
So sonnentrunken,
wie er sich auf dem See
nun spiegeln mag;
und Strahlenfunken
tanzen in die Höh‘,
wo gestern Trübe lag.

Die Birke trägt ein Kleid
aus goldner Seide,
spielt hier die Königin,
ist Herbst bereit;
und ihr Geschmeide
glänzt im Wasser hin
für eine kurze Zeit.

Des späten Sommers Bild
dringt in die Seele,
gleicht einem lieben Blick,
so sonnig mild;
und nichts verhehle
dir jetzt dies kleine Glück,
das wohlig dich erfüllt!

© Ingrid Herta Drewing,2015

Nostalgie angesichts der Monokultur

Es glich der Sommer einem Traum,
erfüllt von Duft und Blüten.
Der Wollgrasflöckchen zarter Flaum
erfüllte wiesenweit den Raum,
ein seliges Behüten.

Zum Horizont dies‘ milde Meer
schien leicht im Licht zu schwingen.
Als ließen Silbersaiten hehr
des Windes Spiel hier ohne Wehr
in hellem Lied erklingen.

Erinnerung, ein sanftes Bild,
das die Natur geboren.
Was einstmals Seele, Herz erfüllt,
ward für den Nutzzweck kühl gekillt,
die Landschaft ging verloren.

© Ingrid Herta Drewing, 2015

Flucht

Verloren Heimat, Herd und Haus,
im Krieg zerstört, was euch gegeben,
da zieht ihr in die Fremde aus
zu schützen euer nacktes Leben.

Nichts, glaubt ihr, könnt ihr noch verlieren,
wollt finden einen Friedens-Ort,
lasst euch von Schleppern schikanieren,
auf diesem Weg zum sichren Hort.

Vertrieben durch Gewalt und Tod,
riskiert ihr wilden Meers Gefahren.
Wie groß muss sie wohl sein die Not,
wenn Angst euch kann vor Furcht bewahren?

Europas Ufern gilt das Hoffen.
Hier wähnt ihr, geb’s ein gastlich‘ Land,
das euch, die ihr von Leid betroffen,
reich‘ freundlich helfend seine Hand.

Doch tönt’s auch hier, das Boot sei voll;
man schürt die Furcht vor eurer Reise,
vergiftet böse Zoll für Zoll,
wo Menschlichkeit sollt siegen weise.

© Ingrid Herta Drewing, 2015

Rhein-Tryptichon

Der Rhein

I Alpenrhein und Oberrhein

Vom Rheine lasst uns hell hier singen,
vom gletschergrünen, jungen Rhein,
der aus zwei Quellen, Flüsschen springend,
durch steile Alpenschluchten dringend,
wild sprudelnd fließt ins Land hinein!

Er rauscht zu Tal; im Bodensee
scheint er sich lieblich zu verlieren
und sagt in Konstanz doch Ade,
um bei Schaffhausen, aus der Höh’
in tiefem Fall zu triumphieren.

Hoch rahmen Schwarzwald und Vogesen
nach Basel ein den Oberrhein;
auch Pfälzer-Oden-Waldes Wesen,
Weinstraße, Rebsaft auserlesen
hier laden gerne Gäste ein.

Ob Freiburg,Straßburg, Mainz,Wiesbaden,
Karlsruhe, Worms und Speyer-Tour
Jahrtausend’ alte Städte laden
ein zu Geschichte-Promenaden
anheimelnd schöner Stadt-Kultur.

II Mittelrhein

Der Mittelrhein, ein Sagen-Raunen
begleitet der Touristen Schiff.
Hier lässt des Flusses Schönheit staunen,
als hätt‘ ein Gott in Liebeslaunen
ihm einst verliehen diesen Schliff.

Er windet sich im engen Tal,
in Fels-Weinberge eingeschnitten,
der Strom, auf dem schon dazumal
von Süd und Norden ohne Zahl
der Römer Schiffe stolz geglitten.

Doch auch des Mittelalters Seiten,
die Burgenpracht auf Felsenwand,
entrücken uns in ferne Zeiten.
Von Ritter – Leben, kühnem Streiten,
erzählt romantisch hier das Land.

Und sanft erklingt die alte Weise,
dies’ Märchen von der Loreley,
das Heine-Lied, wehmütig, leise;
nah’ St. Goar zieht ’s seine Kreise;
ergriffen lauscht der Mensch dabei.

III Niederrhein

Vorbei an Drachenfels’ Gestalten,
strömt er ab Bonn als Niederrhein.
Nun darf er in der Breite walten,
gemächlich fließen, langsam schalten;
die Ebene lädt dazu ein.

Schon grüßt in Köln der Dom so prächtig,
der Gotik Türme, hoch und hehr,
ein Bauwerk, herrlich, groß und mächtig,
das viele Menschen hier bedächtig
und glaubend bauten, wenn’s auch schwer.

In Duisburgs großen Binnenhafen
mündet als Nebenfluss die Ruhr.
Hier zeigt der Strom, recht ausgeschlafen,
den Umschlagplatz der Ruhrpott-Braven;
die Industrie bestimmt die Spur.

Bei Emmerich, Nordrhein-Westfalen,
verlässt der Rhein das deutsche Land,
darf sich in Niederlanden aalen,
als Waal und Lek ins Delta malen,
erreicht mit Maas der Nordsee Strand.

© Ingrid Herta Drewing,2013